Schweizer Armee verpulvert Milliarden, anstatt sich auf reale Bedrohungen vorzubereiten

Heute veröffentlichte die Schweizer Armee ein Strategiepapier zur Stärkung der Verteidigungsfähigkeit der Armee. Anstatt friedensfördernde Massnahmen und Kriegsprävention anzugehen, bereitet sich die Armee in schwammigen Bedrohungsszenarien auf einen imaginären Angriffskrieg vor. Die grösste Sicherheitsbedrohung, die Klimakrise, wird mit keinem Wort erwähnt. Die GSoA ist empört über die geplante Verschleuderung von Milliarden an Steuergeldern.

Milliarden für Aufrüstung

Nach der 2022 beschlossenen Erhöhung des Armeebudgets von 5 auf 9.4 Milliarden Franken, will das VBS zwischen 2024 und 2031 13 Milliarden Franken für Aufrüstung ausgeben. Im Zwischenbericht zur Investitionsplanung der Armee bis 2035 vom September 2022 budgetierte das VBS hierfür noch einen Drittel weniger. Trotz der Budgetverdoppelung beklagt sich die Armee bereits über mangelnde finanzielle Mittel für die nächsten Beschaffungsprojekte. «Die Armeeaufrüstung ist ein Fass ohne Boden. Das ist nichts anderes als eine schamlose Salamitaktik auf Kosten der Steuerzahlenden», sagt Anja Gada, politische Sekretärin der GSoA. Im Bericht wird mehrmals klargestellt, dass das Militär eigentlich 40 Milliarden Franken bräuchte, um vollständig “ausgerüstet” werden zu können. Ein Blick nach Deutschland zeigt die Absurdität dieses Wunschszenarios. Ein Land, welches flächenmässig 9 Mal grösser ist und knapp 10 Mal mehr Einwohner*innen zählt wie die Schweiz, will 100 Milliarden für die Bundeswehr ausgeben. Und dies wurde als Zeitenwende bezeichnet.

Unrealistische Bedrohungsszenarien

Was als “Verteidigung” proklamiert wird, entpuppt sich als Bestreben, auch militärische Offensiven für denkbar zu erachten. So hiess es beim Beschaffungskredit für neue Kampfjets, es ginge um den Luftpolizeidienst. Nun soll die Luftwaffe auch fähig sein, “präzise Angriffe gegen Infrastrukturen und Mittel der gegnerischen Luftstreitkräfte durchzuführen”. GSoA-Sekretärin Gada meint hierzu: «Hätte Bundesrätin Amherd von Anfang an mit offenen Karten gespielt, hätte es für das knappe Mehr von rund 4000 Stimmen zur Beschaffung neuer Kampfjets nie gereicht.» Solange die Schweiz nicht der Nato beitritt, gibt es auch auf lange Sicht kein realistischerweise denkbares Szenario, in dem die Schweiz solche Einsätze durchführen würde.

Bei den Bedrohungsszenarien stützte sich das VBS auf den Zusatzbericht des sicherheitspolitischen Berichts 2021. Dort hiess es: “Ein direkter bewaffneter Angriff Russlands auf die Schweiz, insbesondere mit Bodentruppen, ist auch in absehbarer Zukunft unwahrscheinlich.” Nun soll ein Drittel der Bodentruppen erneuert werden, die Bedrohungslage wird als “unberechenbar” und “volatil” bezeichnet. Gada sagt dazu: «Würden russische Panzer in Diepoldsau die Grenze überqueren, würden wir uns in einem dritten Weltkrieg befinden. In diesem Fall wäre die Schweizer Armee auch mit massiver Geldspritze nicht in der Lage, sich autonom zu verteidigen. Anstatt friedensfördernde Massnahmen zu unterstützen und Kriegsprävention zu betreiben, setzt das VBS auf militärische Abschreckung.» Selbst Mauro Mantovani, Dozent an der Militärakademie der ETH, bezeichnete dieses Szenario als unwahrscheinlicher denn je. Die GSoA bedauert dieses Vorgehen, das uns teuer zu stehen kommen wird. 

Frieden durch Abschreckung

Auch der Mythos der unteralimentierten Armee wird fleissig genährt. Die Realität ist jedoch, dass die Armee aktuell einen gesetzeswidrigen Überbestand aufweist. GSoA-Sekretär Jonas Heeb meint dazu: «Im Bericht heisst es, dass es bei gleichbleibenden Rekrutierungs- und Abgangswerten unmöglich sei, den Effektivbestand langfristig zu halten. Das ist schlichtweg falsch.» Die Bilanz des Effektivbestands der Armee ist seit 2018 stets positiv mit einem Wachstum von ca. 4’000 Armeeangehörigen pro Jahr. Es gibt keine Anzeichen, dass sich dies ändern sollte

Für die GSoA ist klar: Aufrüstung, Abschreckung und Rhetorik, die an den Kalten Krieg erinnert, können nicht die Lösung für Frieden und Sicherheit sein. Der Bericht bestätigt das eindimensionale Sicherheitsverständnis des VBS, nämlich das militärische. Mit keinem Wort finden andere sicherheitsrelevante Bereiche Erwähnung. Anja Gada sagt dazu: «Die grösste akute sicherheitspolitische Bedrohung ist nach wie vor die Klimakrise. Diese werden wir mit Panzern und Kampfjets nicht bekämpfen.»

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