Sie sagen, Geld falle nicht vom Himmel. Bomben gehen trotzdem nieder. 

Von 2013 bis 2021 haben die 23 reichsten Länder 9.45 Billionen Dollar – 9’450 Milliarden oder in Worten: 109’628 Mal so viel wie die Schweiz an Gesamtausgaben für das Jahr 2023 budgetiert hat – in die Militarisierung ihrer Staaten investiert. Das sind 30 Mal so viel wie die 243.9 Milliarden Dollar an Klimafinanzierungsmittel für die gefährdetsten Länder der Welt, zu deren Bereitstellung sie gesetzlich verpflichtet wären. 

Die Zeit, die der Erdbevölkerung bleibt, um die Klimakrise zu bekämpfen, scheint wie in einer Sanduhr drohend schnell zu zerrinnen. Trotz einer weltweiten Klimabewegung, Gipfeltreffen, diplomatischen Gesprächen und Weltklimakonferenzen bleibt ein globaler Coup, ein Bekenntnis zu einem gesamtgesellschaftlichen Umbau, in weiter Ferne. Für die Dekarbonisierung müssten in den kommenden Jahren Milliarden in erneuerbare Energien, eine klimafreundliche Landwirtschaft, neue Transportwege und Schutzmassnahmen für gefährdete Länder investiert werden. Je länger das Nichtstun andauert, desto mehr kostet die Klimafinanzierung aufgrund der grösseren Schäden durch Naturkatastrophen, kurzfristigen Ausbildungsprogrammen und dem schnellen Bau neuer Infrastruktur zukünftig. 

Trotzdem sind die Kosten eines der Hauptargumente jener, die noch immer jeden Fortschritt im Klimabereich vehement zu verhindern versuchen. Ausbau von Wind- und Solarstrom? Zu teuer. Ausbau eines flächendeckenden Zugnetzes? Zu teuer. Subventionen für einen Ausstieg aus fossilen Energien? Zu teuer. Was aber nicht «zu teuer» scheint, sind die globalen Ausgaben für Rüstung und Militär, die im letzten Jahr eine neue Dimension erreicht haben. Laut dem Friedensforschungsinstitut SIPRI ist 2021 mit 2’113 Milliarden Dollar zum ersten Mal die 2-Billionen Marke bei den globalen Rüstungsausgaben geknackt worden. Gleichzeitig hat ein Bericht von Tipping Point North South aufgezeigt, dass die Armeen dieser Welt rund 5% der globalen Treibhausgasemissionen ausmachen – im Vergleich: Der individuelle Flugverkehr macht 2% aus. 

Interessant wird es, wenn man die Rüstungsausgaben mit den landesweiten CO2-Emissionen vergleicht. So sind von den 10 Ländern, welche am meisten CO2 ausstossen, sieben auch unter den «Top Ten», welche die grössten Rüstungsausgaben tätigen. Dabei handelt es sich um die USA, China, Russland, Grossbritannien, Frankreich, Japan, Deutschland, Saudi-Arabien und Indien. Es sind die reichsten Länder der Welt, die historisch gesehen am meisten für die Klimakrise verantwortlich sind, welche ein Vielfaches an Militärausgaben tätigen, statt die Bekämpfung der Klimakrise voranzutreiben.

Was auffällt ist auch der Zusammenhang ehemaliger (und jetziger) Kolonialreiche und deren Militarisierung sowie die Auswirkung dieser Ausgaben auf die damaligen (und heutigen) Kolonialstaaten. Zum einen haben Kolonialmächte über Dekaden hinweg auf Kosten einer unterdrückten Bevölkerung und der Ausbeutung der natürlichen Umwelt ihren Reichtum anhäufen können. Bodenschätze wie Erdöl, Gold und Erz sind unter unwürdigsten Arbeitsbedingungen von der lokalen Bevölkerung abgebaut und in die Industrieländer exportiert und weiterverarbeitet worden. Dabei wurden die daraus resultierenden Umweltprobleme und sozialen Auswirkungen ignoriert und eine verarmte, unterjochte Bevölkerungsgruppe zurückgelassen. 

Zum anderen gehören ehemalige Kolonialmächte heute zu den grössten Treibhausgas-Emittenten. Und die Auswirkungen dieser Emissionen sind bereits heute in MAPA Communities, häufig ehemaligen, exponierten Kolonialstaaten, deutlich zu spüren. 

Dürre, Wasserknappheit, enorme Niederschläge, Stürme, unfruchtbare Böden, Armut, Unsicherheit und bewaffnete Konflikte sind kein fernes Zukunftsszenario mehr, sondern schon heute Realität. Insbesondere der destabilisierende Aspekt, den die fortschreitende Klimakrise mit sich bringt, ist ein Nährboden für autoritäre Militärregimes, die in ressourcenreiche Ländern eine Möglichkeit sehen, massiv Profit zu schlagen. 

Denn  woher kommen die Waffen, die in Konflikten in vulnerablen Ländern eingesetzt werden? Richtig, aus Annex II Staaten. Ohne Rücksicht auf Waffenembargos zu nehmen, werden Länder wie Afghanistan, Bangladesch, Somalia, Sudan oder Jemen aus China, Russland, den USA oder Frankreich mit leichten Waffen, Munition und Handfeuerwaffen beliefert. Jene Waffen, von denen das grösste Risiko ausgeht, dass sie menschenrechtswidrig eingesetzt und unkontrollierbar weitergegeben werden. Dadurch, dass sich bewaffnete Konflikte aufgrund der multiplen Krisen der sich aufbäumenden Klimakatastrophe vermehren werden, ist davon auszugehen, dass die reichsten Länder in Zukunft sogar noch mehr Profit aus jenen Regionen schlagen werden, für deren Elend sie zu einem Grossteil verantwortlich sind. 

So wie Erdöl keine Zukunft hat, haben auch die Armeen dieser Welt keine Zukunft. Die Zeit, die bleibt, rennt uns davon. Aber das Geld, welches in einem Jahr von den Top 10 Ländern mit den grössten Militärausgaben ausgegeben wird, könnte die internationale Klimafinanzierung der nächsten 15 Jahre sichern. Es ist die direkteste Investition in die globale Sicherheitsarchitektur, die getätigt werden kann. Die getätigt werden muss. 

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