Für den Abstimmungskampf um die Waffenschutz-Initiative werden die Schützenverbände mehrere Millionen ausgeben. Ein seltsames Engagement, denn die Initiative betrifft die Sportschützen gar nicht.
Nicht wenige Historiker sehen in den Schützengesellschaften eine Keimzelle des Schweizer Bundesstaates. Die Schützenfeste waren eine der wenigen Gelegenheiten, bei denen sich die Menschen über die Kantonsgrenzen hinaus trafen und eine gemeinsame Identität fanden. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden die Schiessverbände zu Sammelbecken von liberalen Vordenkern. Von diesen Pionierzeiten ist wenig übrig geblieben.
Heute sind die Schützenvereine vor allem von Überalterung und Mitgliederschwund geprägt. Die meisten Schweizer Männer kommen mit ihnen in erster Linie beim «Obligatorischen» in Kontakt, wenn ihnen ein Schnauzträger mit Stumpen im Mundwinkel zwanzig Patronen abgibt und ihnen unfreundlich einen Platz im Schiessstand zuweist.
Die Waffenschutz-Initiative hat bei der «IG Schiessen», dem Dachverband der Schützenverbände, jedoch hektische Dynamik ausgelöst. Während drei Jahren wurde von allen lizenzierten Schützen eine Abgabe von fünf Franken zur Finanzierung des Abstimmungskampfs erhoben. Beim eidgenössischen Feldschiessen – einer Veranstaltung mit um die 150’000 Teilnehmern – wurden flächendeckend Propagandazettel aufgelegt, und fleissig werden Regionalkomitees aus dem Boden gestampft. (Als gesamtschweizerischer Kampagnenleiter der IG Schiessen fungiert übrigens Hans-Peter Wüthrich – der pensionierte Brigadier, der diesen Sommer wegen übertriebenen Honoraren für VBS-Beratungsdienste in die Schlagzeilen geriet.)
Der höchstsubventionierte Sport
Dieses Engagement der Schützenverbände macht stutzig. Denn die Sportschützen haben von der Waffenschutz-Initiative nichts zu befürchten. Sie dürften ihre Waffen behalten, der Initiativtext sieht eine Ausnahmeregelung für sie vor.Wovor fürchten sich die Schiessvereine also?
Zum einen ist es ein Verteidigungskampf einer traditionalistischen Mentalität gegen die Moderne. Es geht um den Stolz der Schützen und den Platz der Armee in der Gesellschaft. Die Schiessfreunde sehen ein möglichst lasches Waffenrecht als «Zeichen des Vertrauens des Staates in seine Bürger». Es geht um die Verteidigung langjähriger Traditionen (auch wenn die Heimabgabe des Sturmgewehres erst in den 1950er Jahren eingeführt wurde).
Vor allem geht es aber um Geld. Kaum ein Sport wird vom Staat so stark gefördert wie das Schiessen: Beiträge für die Vereine, für die Jungschützenkurse, für das Obligatorische, für das Feldschiessen, für die Schiessstände, Sturmgewehre zum Nulltarif. Die Funktionäre der Schützenverbände sehen in der Waffenschutz-Initiative auch eine Gefahr für diese Subventionen.
Die Erhaltung dieser Tradition wird mit dem Leben von jährlich rund 300 Menschen erkauft, die durch Gewalttaten oder durch Suizide mit Armeewaffen sterben. Die Position der IG Schiessen ist deshalb zynisch und verantwortungslos. Es ist jedoch anzunehmen, dass die Schiesssportverbände nur einen Teil der Schützinnen und Schützen vertreten und es durchaus auch solche gibt, denen ihr Sport mehr am Herzen liegt als die rechts-konservative Politik der Verbandsfunktionäre.