Vertrauen statt Kontrolle?

(jr) Eine Studie am Kantonsspital Luzern hat unlängst auf den hohen Anteil von mit Armeewaffen verübten Selbstmorden hingewiesen.

Eine Studie des Oberarztes des forensischen Dienstes am Kantonsspital Luzern, Andreas Frei, hat unlängst auf den hohen Anteil von mit Armeewaffen verübten Selbstmorden hingewiesen: Von 450 in den Jahren 1992 bis 1996 gezählten Suiziden in den Kantonen Basel Stadt und Land gingen ganze 12 Prozent auf das Konto von Armeewaffen, so der Befund. Die Zahlen seien wissenschaftlich plausibel verallgemeinerbar.

So tun wir das doch: Allein im Jahr 2000 etwa zählte das Bundesamt für Statistik insgesamt 1378 Suizide (979 Männer, 399 Frauen). Das würde heissen, dass sich 165 SchweizerInnen (12 Prozent) mit einem Sturmgewehr oder einer Pistole der Armee ihres Lebens entledigt haben. Bezieht man nur die Männer in die Rechnung mit ein, so bleiben immerhin noch 117 Getötete. Wissenschaftlich plausibel mag das sein, aber gesellschaftlich?

Betrachtet man zudem die aussagekräftige BfS-Statistik zu den potentiellen Lebensjahren, die durch einen Selbstmord eines jungen Menschen «verloren» gehen, so werden die Zahlen erst recht schockierend: Der Schweizer Mann verliert durch Selbsttötung insgesamt 20’515 potentielle Lebensjahre (im Jahr 2000). Laut der Studie von Dr. med. Frei töten sich meist erfolgreiche junge Männer zwischen 20 und 35. Gehen wir also von einem 28-jährigen männlichen Durchschnittsbürger aus, der auf ca. 50 Jahre Leben verzichten will: 117 armeeangehörende Suizidopfer verlieren so zusammen ca. 5874 potentielle Jahre. Und das jedes Jahr von neuem.

Die Armee weiss von alledem nichts. «Wir führen keine Statistiken über Suizidfälle mit Dienstwaffen. Spezialisten sagen, dass Leute, die sich das Leben nehmen wollen, so oder so eine Lösung suchen würden», so Armeesprecher Felix Endrich. Ja, suchen würden sie schon, nur das Finden wäre um einiges schwieriger, wäre das Sturmgewehr nicht im Estrich, sondern in der Kaserne.

Doch «das Aufbewahren der Waffe zu Hause ist nicht nur mit Tradition verbunden, sondern auch mit Wehrwillen, Vertrauen des Staates in die Bürger, Bereitschaft, usw. » (Endrich).

Ach ja, natürlich, wie konnte ich das vergessen, wir leben doch in einer Gesellschaft des Vertrauens!

, ,