Über 150’000 getötete Menschen, 4 Millionen Vertriebene und 20 Millionen Menschen, die auf humanitäre Hilfe angewiesen sind: Dies ist die Bilanz von sieben Jahren Bürgerkrieg in Jemen. Dieser wurde losgetreten, als 2014 die vom Iran unterstützten Huthi die jemenitische Hauptstadt Sanaa einnahmen und die Regierung ins Exil zwangen. Eine von Saudi-Arabien angeführte Koalition kämpft seit Anfang 2015 auf der Seite der Regierung, um diese wieder an die Macht zu bringen und den iranischen Einfluss zurückzudrängen.
In den erbitterten Kämpfen wurden Zehntausende Soldaten getötet, verstümmelt oder verletzt. Um ihre Verluste auszugleichen, haben beide Konfliktparteien Tausende Kinder zu Soldaten gemacht. Mittels finanzieller Versprechungen, ideologischer Indoktrination, Erpressung, Gewalt und Entführungen werden Kinder ihren Familien entrissen und zum Töten ausgebildet.
Die tatsächliche Zahl der rekrutierten Kinder liegt im Dunkeln. Das jemenitische Menschenrechts-Ministerium schätzt, dass die Huthi seit Beginn des Bürgerkriegs 30’000 Kinder rekrutiert haben. Ein hochrangiger Huthi-Kämpfer gab 2018 gegenüber Al-Jazeera bekannt, dass sie 18’000 Kinder rekrutiert und für den Kampfeinsatz ausgebildet hätten. Gemäss einem Bericht der Menschenrechtsorganisation Euro- Med HRM sollen die Rebellen zwischen 2018 und 2020 zudem 52 Ausbildungslager eröffnet haben, die gezielt auf Kinder ab 10 Jahren ausgerichtet waren.
Im April diesen Jahres haben die Rebellen zwar einen Aktionsplan der Vereinten Nationen zum Ausstieg aus dieser ungeheuerlichen Praxis unterschrieben. Neueste Videos und Zeugenaussagen zeigen jedoch, dass die Vereinbarung zum Schutz von Kindern mit Füssen getreten wird. So ging auch während der vereinbarten Waffenruhe die Rekrutierung, Ausbildung und Verlegung von Kindersoldaten weiter.
Auch für die jemenitische Regierung und die Arabische Koalition stehen und sterben bewaffnete Kinder an den vordersten Frontlinien. Bereits unter Ali Abdullah Saleh akzeptierte das jemenitische Militär Kinder unter 15 Jahren in ihren Reihen. Gemäss Euro-Med HRM geht die Rekrutierung von Kindern trotz der Unterzeichnung mehrerer internationaler Kinderrechtsabkommen, das jüngste aus dem Jahre 2018, weiter. Zudem setzt die saudische Armee Jungen und Mädchen aus dem Sudan im Jemen ein. So werden nach Angaben der Organisation SOS-Kinderdörfer vorwiegend in der Darfur- Region Söldner für Kampfeinsätze im Jemen angeworben, darunter Hunderte Kinder.
Bislang sind im Krieg über 10’200 Kinder getötet oder verstümmelt worden, und es ist unklar, wie viele davon als Kindersoldaten ihr Leben lassen mussten. Ebenso unklar ist, wie
viele von ihnen von einem anderen Kind erschossen oder verletzt wurden. Ohne nennenswerten internationalen Druck ist zu befürchten, dass die katastrophale humanitäre Lage weiterhin gnadenlos ausgenutzt und das Elend der Menschen zum Kapital der Kriegstreibenden gemacht wird.