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Militarisierung der inneren Sicherheit

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Interpellation im Nationalrat

Nationalrat Josef Lang reichte eine Interpellation im Nationalrat ein. Unterzeichnet wurde der Vorstoss von VertreterInnen aller Fraktionen ausser der SVP. Der Bundesrat wird nun auf diese Fragen antworten müssen.
Wir sind gespannt wie diese Antworten ausfallen und werden sie hier publizieren.

Text des Vorstosses

Im Zusammenhang mit der massiven Zunahme von inneren Armee-Einsätzen möchte ich dem Bundesrat die folgenden Fragen stellen:

  1. Wie bewertet und begründet er die sich beschleunigende Relativierung der demokratischen Trennung von polizeilich-ziviler und militärischer Sicherheit?
  2. Wie würdigt er die liberale Gewaltenteilung zwischen Polizeilichem und Militärischem im Zusammenhang mit der Diskussion um die Schaffung eines Sicherheitsdepartements?
  3. Wie legitimiert er die allgemeine Wehrpflicht, die einen starken Eingriff in die persönliche Freiheit bedeutet, für die Erfüllung von Aufträgen, die gemäss offizieller Lesart sicherheitspolitische Lückenbüsser-Funktion haben?
  4. Was meint er zur Skepsis des Verbandes Schweizerischer Polizeibeamter, der sich im Bewusstsein des Milizcharakters der Armee äusserst beunruhigt zeigt, wenn polizeihoheitliche Funktionen an diese abgetreten werden (VSPB-Resolution vom 8.11.2002)?
  5. Wie beurteilt er angesichts des riesigen Gefälles zwischen Polizisten und Soldaten im Ausbildungsniveau wie im Erfahrungsschatz die Gefahren von inneren Armee-Einsätzen, insbesondere beim Schusswaffengebrauch und bei der Botschaftsbewachung?
  6. Wie teuer kommt beispielsweise die militärische Bewachung einer Botschaft im Vergleich zur polizeilichen zu stehen, wenn alle Kosten, auch die von Dritten getragenen extrabudgetären, einberechnet werden?
  7. Wieso wurde bei USIS die Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen zwecks Kostentransparenz nicht nach der Methode beim NFA-Projekt angegangen?

Begründung

Die Entmilitarisierung der inneren Sicherheit und damit die Trennung von Armee- und Polizeiaufgaben ist eine Errungenschaft des demokratischen Rechtsstaates. Die Remilitarisierung der inneren Sicherheit, insbesondere die Schaffung eines Sicherheitsdepartements, bedeutet(e) vor diesem Hintergrund einen sicherheitspolitischen Paradigmenwechsel, der auch demokratiepolitisch von erheblicher Brisanz ist. Die Versechsfachung der Diensttage für innere Einsätze innert zweier Jahren von 56'081 (2001) auf 375'007 (2003) und die Ergebnisse von USIS IV sind Anlass genug, eine grundsätzliche Diskussion über eine grundlegende Veränderung zu führen.

Zu deren Erklärung mag folgende Interview-Aussage des Armeechefs Christophe Keckeis aufschlussreich sein: Sie dürfen nicht vergessen, dass solche Einsätze auch einen Image-Gewinn für die Schweizer Armee bedeuten. (St. Galler Tagblatt 24.1. 2004) Gut zu diesem Zitat passt die mit fetter Schrift hervorgehobene Bilanz im USIS III Bericht: Von 1996 bis 2001 wären ohne Lücke im zivilen Polizeisystem rund 95% aller Armee-Einsätze von der Polizei allein bzw. grundsätzlich allein zu bewältigen gewesen (S. 90). Offensichtlich wird die polizeiliche Lücke als Chance gepackt, eine militärische Lücke zu füllen, die durch die unwahrscheinlich gewordene Grenzverteidigung und die schwieriger gewordenen Ausland-Einsätze in jüngster Zeit gewachsen ist.

Wie gefährlich es ist, Soldaten, erst recht junge Durchdiener, in innere Einsätze zu schicken, zeigt nicht zuletzt die Geschichte unseres Landes. Es liegt zudem auf der Hand, dass die aktuelle Ausweitung der Assistenzdienste zukünftige Aufgebote für Ordnungsdienste erleichtern.

Da die Militarisierung der inneren Sicherheit teilweise finanzpolitisch begründet wird, macht es Sinn, echte Vergleichszahlen auf den Tisch zu legen. Dazu gehört bei den militärischen Truppen unter anderem der Wertschöpfungsverlust, den die Wirtschaft während deren inneren Einsatzes erleidet.

Unterzeichnende

Die Interpellation wurde von 74 VertreterInnen aller Fraktionen ausser der SVP mitunterzeichnet:

Aeschbacher Ruedi - Allemann Evi - Banga Boris - Bäumle Martin - Berberat Didier - Bruderer Pascale - Bühlmann Cécile - Cavalli Franco - Cuche Fernand - Daguet André - Darbellay Christophe - de Buman Dominique - Dormond Béguelin Marlyse - Fasel Hugo - Fässler-Osterwalder Hildegard - Fehr Hans-Jürg - Fehr Jacqueline - Fehr Mario - Frösch Therese - Galladé Chantal - Garbani Valérie - Genner Ruth - Goll Christine - Graf Maya - Gross Andreas - Gross Jost - Günter Paul - Gyr-Steiner Josy - Gysin Remo - Hämmerle Andrea - Heim Bea - Hofmann Urs - Hollenstein Pia - Hubmann Vreni - Huguenin Marianne - Janiak Claude - Jutzet Erwin - Kiener Nellen Margret - Kohler Pierre - Leutenegger Filippo - Leutenegger Oberholzer Susanne - Levrat Christian - Maillard Pierre-Yves - Marti Werner - Marty Kälin Barbara - Maury Pasquier Liliane - Menétrey-Savary Anne-Catherine - Müller Geri - Müller-Hemmi Vreni - Pedrina Fabio - Rechsteiner Paul - Rechsteiner Rudolf - Recordon Luc - Rennwald Jean-Claude - Rey Jean-Noël - Robbiani Meinrado - Rossini Stéphane - Salvi Pierre - Schenker Silvia - Simoneschi-Cortesi Chiara - Sommaruga Carlo - Strahm Rudolf - Studer Heiner - Stump Doris - Teuscher Franziska - Thanei Anita - Vanek Pierre - Vermot-Mangold Ruth-Gaby - Vischer Daniel - Vollmer Peter - Widmer Hans - Wyss Ursula - Zapfl Rosmarie - Zisyadis Josef (74)

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