Zivile Friedensprojekte im Prüfstand und im Einsatz

Auf dem Prüfstand…


Was kann ein ziviles Wiederaufbauprojekt in gewalttätigen Konflikten wirklich erreichen? Eine wissenschaftliche Studie sucht nach Antworten.

Während und nach dem Krieg im ehemaligen Jugoslawien sind zahlreiche Projekte ziviler Friedensdienste von lokalen und internationalen Nichtregierungsorganisationen entstanden. In solchen Projekten wurde engagierte und professionelle Arbeit geleistet, die leider selten dokumentiert und ausgewertet worden ist.
Nun hat Astrid Astolfi, langjährige GSoA-Aktivistin im Tessin und in Genf, in ihrer Diplomarbeit für das Institut d‘Etudes Sociales in Genf ein von der GSoA mitgetragenes Projekt wissenschaftlich begleitet und ausgewertet. Das Wiederaufbauprojkt, das in ihrer 170 Seiten starken Diplomschrift beschrieben wird, wurde von der Antikriegskampagne Zagreb (Kroatien) in der ehemals geteilten Stadt Pakrac (Westslawonien) initiiert (Die GSoA-Zitig berichtete vor allem 1994 ausführlich darüber). In Zusammenarbeit mit der lokalen Bevölkerung stellten die internationalen Freiwilligen des Projekts beschädigte Häuser und Infrastruktur instand, halfen betagten Menschen im Haushalt und förderten soziokulturelle und spielerische Aktivitäten von Jugendlichen und Kindern.
Viel schwieriger als die materiellen seien die politischen Ergebnisse des Projekts zu beurteilen, stellt Astolfi in ihrer Auswertung fest, beispielsweise Toleranz, Versöhnung, die Respektierung der Menschenrechte oder das Entstehen einer Zivilgesellschaft. Die Präsenz und die Arbeit der Freiwilligen habe sicherlich zu Öffnungsprozessen in dieser Richtung beigetragen, doch habe sich das Projekt nicht auf beiden Seiten der Demarkationslinie in gleicher Weise entwickeln können. Während in den Bereichen materieller Wiederaufbau und Aufbau sozialer Aktivitäten vieles erreicht worden sei, sei es nicht gelungen, die verfeindeten Seiten einander anzunähern. Diesen Misserfolg führt Astolfi auf die politischen Bedingungen einerseits und auf interne Uneinigkeit der Projektleitung über das diesbezügliche Vorgehen andererseits zurück.

Die Diplomarbeit wird Anfang 1999 als Buch erscheinen. Informationen: Astrid Astolfi, 17 rue de Bâle, 1201 Genève.

 

…im Einsatz

Von Menschen, die sich in Ex-Jugoslawien in Friedensprojekten engagieren, können wir viel lernen. Die GSoA hat zwei AktivistInnen zur Diskussion geladen

Um zu erfahren, was pazifistisches Handeln bewirken und was es beinhalten kann, hat die GSoA Ende April/ Anfang Mai mit zwei engagierten Menschen aus Kroatien Veranstaltungen im Tessin, in Baden, Luzern, Zürich, St. Gallen, Bern und Biel organisiert. Natasa Galo ist 24. Sie studierte Ökonomie und Touristik. Sie lebt und engagiert sich im kroatischen Istrien bei HOMO Pula, einer Organisation für Menschenrechte und BürgerInnenfreiheit. Diesen Sommer wird sie ihre Arbeit für die OSZE in Kroatien aufnehmen. HOMO Pula engagiert sich vor allem für Menschen in den früher serbisch kontrollierten Gebieten in Kroatien. Dort leben seit der militärischen Eroberung durch die kroatische Armee in einem rund 3200 km2 grossen Gebiet viele alte SerbInnen in verlassenen und zerstörten Siedlungen, ohne Versorgung und ohne Perspektive. Zu diesen Menschen, die beim Militärangriff nicht flüchten konnten oder wollten, kommen Tausende, die geflüchtet sind und jetzt zurückkehren wollen. Sie finden ihre Häuser zerstört oder von Kroaten bewohnt, ihren Besitz geplündert. Sie sehen sich konfrontiert mit kroatischen Behörden, die kein Interesse an ihrer Rückkehr haben und ihnen alle möglichen Steine in den Weg legen. Natasa Galo erzählte von ihren Fahrten mit HOMO Pula in diese Gebiete und den Besuchen bei diesen Menschen. Humanitäre Hilfe, rechtlicher Beistand, Vertrauen schaffen… die Bereiche der Friedensarbeit umfassen ein breites Spektrum.