Zukunftsszenarien: Rückblick auf das Jahr 2043

Die Welt sieht düster aus derzeit. Es ist einfach, die Hoffnung zu verlieren. Horrorszenarien für die Zukunft finden sich überall. Dabei ist eine Wende in eine bessere Richtung nüchtern betrachtet genauso realistisch. Es wird nicht alles so passieren, wie hier beschrieben. Aber es könnte.

Bei jeder Revolution ist es dasselbe: Im Vorhinein scheint sie undenkbar, im Rückblick war sie aber unausweichlich. Das war in der Sowjetunion Ende der 1980er so und auch in Russland zu Beginn der 2030er. Wie damals war Russland seit zehn Jahren im Krieg. Der Krieg begann in der Ukraine und ging nach dem Rückzug in einen Bürgerkrieg im Innern Russlands zwischen der Zentralregiegung und einigen Warlords über. Aber immer neue Rekrutierungswellen, wirtschaftlicher Niedergang und brutale Repression liessen sich auch mit der ausgeklügeltsten Propaganda irgendwann nicht mehr schönreden.

Und dann war die Bewegung plötzlich da. Ein demokratischer Flächenbrand. Angeführt von den Frauen und Schüler*innen. Keine Regierung kann sich halten, wenn plötzlich zehn Prozent der Menschen auf die Strasse gehen.

Eine zweite Chance

Der historische Sondergipfel des Uno-Sicherheitsrates in Addis Abeba stellte die Weichen, um die Vereinten Nationen endlich zum globalen Sicherheitsmonopol zu machen, als das sie ursprünglich konzipiert waren. Die Länder des globalen Südens hatten zusammen mit einigen neutralen Ländern erreicht, dass die verbleibenden Nuklearmächte diese Gelegenheit nutzten, um den Atomwaffenverbotsvertrag zu unterzeichnen. Nach Jahren der globalen nuklearen Angst während des russischen Bürgerkrieges war es offensichtlich geworden, dass es nie wieder möglich sein darf, dass jemand die Welt mit Atomwaffen erpressen kann.

Die Generation, die seit bald zehn in Russland an der Macht ist, hat das klare Ziel vor Augen, wieder zu einem vollwertigen Mitglied der Staatengemeinschaft zu werden. Auch China hat jedes Interesse daran, die kollektive Sicherheit zu stärken. Zu gross sind für Peking die demographischen Herausforderungen einer schwindenden und überalterten Gesellschaft inzwischen geworden, als dass es sich ein militärisches Wettrüsten noch leisten könnte. Nach den verheerenden Dürrejahren im Westen und Süden des Landes unterstützten auch die USA jeden Vorstoss, der es erlaubte, Ressourcen zur Bewältigung der Klimakrise bereitzustellen.

Die Schweiz findet ihre Rolle

In Europa sind inzwischen nur noch einzelne zeremonielle Armeeeinheiten nationalstaatlich organisiert. Der Grossteil der Truppen stand schon seit dem Ende der 2020er-Jahre unter dem Kommando der EU. Ein zentraler Diskussionspunkt in Addis Abeba war die Integration der russischen Verbände in diese Struktur. Russland konnte seine Bedingung durchsetzen, dass dafür das Kommando der europäischen Streitkräfte an die Uno übertragen wurde.

Vor zwei Jahren wurden in der Schweiz die letzten F-35 ausser Dienst gestellt. Nur zwölf Flugzeuge hatte die Schweiz schlussendlich wegen der explodierenden Kosten erhalten. Der Beschaffungsskandal hatte nicht nur zum Rücktritt der damaligen Bundesrätin Amherd geführt, sondern auch zu Bestechungsverfahren gegen mehrere Beamte der Bundesbehörden. Sie hatten die Anforderungsliste so angepasst, dass nur noch der US-amerikanische Jet in Frage kam.

Während langer Zeit hatte die Schweiz ihre Rolle in dieser veränderten Welt gesucht. Spätestens seit dem Zusammenschluss der europäischen Streitkräfte war die Schweizer Armee obsolet geworden. Eine Integration der Schweizer Armee in der damaligen Form war jedoch aufgrund ihres Milizcharakters nicht möglich. Die Lösung war, dass die Schweiz die Organisation der Katastrophenhilfe in Europa übernahm. Mit grossen Lagern an Material, einer umfangreichen Helikopterflotte und einer Vielzahl von professionellen und freiwilligen Einsatzkräften, die innert kurzer Zeit in ganz Europa und darüber hinaus Hilfe leisten können. So kam es, dass die Schweiz ihre Rolle in der Weltgemeinschaft fand – als Hochburg der humanitären Hilfe.

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