Forderung nach atomarer Abrüstung

Gemessen an den unmittelbaren, wie auch den langfristigen Konsequenzen eines Einsatzes, sind Atomwaffen in ihrer Destruktivität und Willkür mit keinen anderen Waffensystemen vergleichbar. Dennoch fallen sie als einzige Massenvernichtungswaffen nach wie vor unter kein völkerrechtliches Verbot.

Am 6. August 2015 wird es 70 Jahre her sein, seit die erste Atombombe über Hiroshima gezündet wurde. Drei Tage später wurde Nagasaki von einer Plutoniumbombe erschüttert. Die Schreie Zehntausender, verbrannte, blutige, auf gedunsene Körper, missgebildete, entstellte Menschen und auf ewig zerstörtes Erbgut sind die Folgen – das unermessliche humanitäre Leid von Generationen ist kaum fassbar. Bis heute sammeln sich in den Arsenalen von neun Staaten über 16’000 Atomwaffen. Allein Russland und die USA halten davon etwa 1’800 in stetiger Alarmbereitschaft, abschussbereit innerhalb von wenigen Minuten. Gerade in Zeiten der wiederaufkommenden klassischen Machtpolitik zwischen Atommächten sollte sich die Weltöffentlichkeit den Kopf darüber zerbrechen, dass die wiederholt durch wissenschaftliche Studien belegte Unkontrollierbarkeit und die katastrophalen humanitären Konsequenzen offenbar nicht den geringsten Einfluss auf die aktuellen Entscheidungsträger haben. Für eine atomwaffenfreie Zukunft fehlt es an Einsicht der Atommächte, an Druck aus der Zivilgesellschaft und an umsetzbaren Ansätzen für Nicht-Atomwaffenstaaten. Vielmehr werden die nuklearen Waffensysteme momentan weltweit modernisiert – ein Prozess, zu dem auch Schweizer Geld beiträgt.

Seit dem Sommer 2013 engagiert sich BHRC für die atomare Abrüstung und legt dabei den Fokus seiner Aktivitäten auf ein spezifisch Schweizerisches Thema: das nukleare Divestment. So hat die Schweiz als internationaler Finanzplatz die Verantwortung, die Finanzierungsmechanismen von Atomwaffen zu unter binden. Eine solche Verantwortung hat der Schweizer Gesetzgeber mit der Revision des Kriegsmaterialgesetzes den Schweizerischen Finanzintermediären auferlegt. Die Artikel 7, 8b, 8c KMG enthalten ein weltweit einzigartiges Verbot der direkten und indirekten Finanzierung von nach Schweizer Recht verbotenem Kriegsmaterial – neben B und C, auch A-Waffen. Der Buchstabe steht – doch das genaue Studi um des Gesetzestextes und die Gespräche mit den für den Normvollzug verantwortlichen Bundesämtern zeigen, dass das Gesetz nur Buchstabe bleibt. Strafrechtliche Konsequenzen sind aufgrund der Ausgestaltung des Gesetzes nicht zu erwarten. Diese Einschätzung bestätigen die von PAX im «Don’t Bank On The Bomb»-Bericht 2014 aufgeführten Schweizer Finanzintermediäre, die trotz des Finanzierungsverbotes grosse Summen in Firmen mit Atomwaffen-Geschäften investieren.

BHRC hat es sich zur Aufgabe gemacht, in einer umfassenden Publikation die Schweizer Rechtslage zu hinterfragen, Standpunkte der involvierten Akteure darzulegen und konkrete, umsetzbare Massnahmen zu einem effizienten Vollzug aufzuzeigen. Das Engagement von BHRC basiert auf der Überzeugung, dass sich Nicht-Atomwaffenstaaten gerade aufgrund der mangelnden Bereitschaft von Atomwaffenstaaten zur Abrüstung durch autonomes Handeln aus ihrer Geiselhaft zu lösen haben. Die Schreie der Opfer sind verhallt, die Ruinen überbaut und die Überlebenden der Katastrophe verstummen. Während das Leid der Opfer in Vergessenheit gerät, zieht BHRC den Finanzplatz in die Verantwortung – es ist ein Schweizer Beitrag zu einem typisch Schweizerischen Ausschnitt eines internationalen Problems, der die Forderung nach atomarer Abrüstung wieder dorthin bringen soll, wo sie hingehört: in den öffentlichen Diskurs.

Der Verein Business and Human Rights Conform (BHRC), an der Universität Zürich gegründet und von Studierenden von verschiedenen Schweizer Universitäten geführt, setzt sich für eine sozial und ökologisch nachhaltige Wirtschaft in der Schweiz ein. Im Rahmen der Projektgruppe «Divestment» arbeitet BHRC mit verschiedenen Stakeholdern auf die finanzielle Stigmatisierung von Atomwaffen hin.