2 Fragen an Andreas Zumach, Uno-Experte

Das Verhalten der Uno gegenüber den kriegstreibenden Regierungen der USA und Grossbritanniens vor dem Hintergrund der Kriegsdrohungen gegen Irak hat vielfach Kopfschütteln ausgelöst. Tobia Schnebli (GSoA-Aktivist) fragte den Uno-Experten und Korrespondenten der Berliner Tageszeitung “taz” und WoZ, Andreas Zumach, nach seiner Einschätzung der Möglichkeiten der Uno.

Weltweite Abrüstung und Kriegsverhütung sollten eigentlich zu den Hauptaufgaben der UNO zählen. Hat die UNO irgendwelchen Spielraum, um diese Aufgaben wahrzunehmen?

Andreas Zumach: Die UNO kann bei der weltweiten Abrüstung und Kriegsverhütung nur soviel erreichen, wie ihre Mitgliedsstaaten zulassen. Wichtig ist allerdings, dass auf den Gebieten, wo eine grosse Mehrheit der UNO-Staaten oder – wie beim Überprüfungsprotokoll für das Verbot biologischer Waffen, sogar sämtliche Staaten ausser den USA – zu bestimmten Vereinbarungen und Massnahmen bereit sind, diese auch getroffen und umgesetzt werden. Solange abzuwarten, bis auch die USA zustimmen, ist grundsätzlich die falsche Strategie. Das haben die zwölf Jahre seit Ende des Kalten Krieges deutlich gezeigt. Von den vier grössten multilateralen Fortschritten dieser Epoche sind drei – der Internationale Strafgerichtshof, das Verbot von Antipersonenminen und das Kyoto-Klimaprotokoll – ohne Zustimmung der USA, ja sogar trotz massivem Gegendruck aus Washington durchgesetzt worden, der vierte (das weltweite Chemiewaffenverbot von 1993) nur unter sehr zögerlicher Zustimmung der USA in letzter Minute. Ich hoffe, dass das neue UNO-Mitglied Schweiz sich nicht in falscher Zurückhaltung übt, sondern das Lager der Staaten (gerade auch in Europa) stärkt, die bereit sind, auch ohne die USA voranzugehen.

Wo siehst du Ansatzmöglichkeiten “von unten”, um die UNO grundlegend zu reformieren, oder die internationale Rechtsstaatlichkeit zu fördern?

Ich glaube – anders als vielleicht noch vor einigen Jahren – nicht mehr, dass abstrakte Debatten um die Reform und Demokratisierung der UNO gerade auch durch eine stärkere institutionalisierte Beteiligung von Nichtregierungsorganisationen viel bringen. Man sollte die entsprechenden Forderungen natürlich nicht aufgeben, aber auch nicht zuviel Zeit und Energie darauf verwenden. Konkrete Fortschritte werden nur erzielt durch Engagement in konkreten Fragen. Das zeigen drei der in meiner vorherigen Antwort genannten Fortschritte der letzten zwölf Jahre: das Minenverbot, Strafgerichtshof und das Kioto-Protokoll gibt es heute nur, weil sich NGOs innerhalb wie ausserhalb der UNO engagiert und massiven Druck auf die Regierungen der UNO-Mitglieder ausgeübt haben, die dann schliesslich die zwischenstaatlichen Vereinbarungen getroffen haben.

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