Irak/Ukraine – Wo sind die Parallelen?
Vor zwanzig Jahren begann George W. Bushs Angriffskrieg im Irak. Wie damals protestierten letztes Jahr in der Schweiz zahlreiche Menschen gegen den Krieg in der Ukraine. Die Parallelen zwischen den zwei Konflikten sind vielfältig.
Ein völkerrechtswidriger Angriffskrieg. Ein Präsident, der die Bevölkerung seines Landes mithilfe von Lügen und medialer Propaganda erfolgreich auf den Krieg einschwört. Zuerst Luftschläge, um die Kommunikations- und Kommandoinfrastruktur sowie die Luftabwehr auszuschalten, danach rasche Vorstösse von gepanzerten Einheiten auf die Hauptstadt. Weltweite Proteste. Zehntausende getöteter Zivilist:innen.
Der Ukrainekrieg lässt sich nur schwer verstehen ohne den Golfkrieg, den die USA und Grossbritannien 2003 begannen. Wie schon der Krieg gegen Serbien 1999 war der Angriff im Irak ein klarer Verstoss gegen die Uno-Charta. Diese Erosion der internationalen Normen war eine Vorbedingung für den Entscheid Putins, in die Ukraine einzumarschieren. Alles deutet darauf hin, dass die russischen Angriffspläne in der Ukraine auch in militärisch-operativer Hinsicht die US-Invasion im Irak als Vorbild hatten. Die Umsetzung dieser Pläne scheiterte jedoch aus zahlreichen Gründen kläglich.
Proteste damals wie heute
Die Forderung der Demonstrationen gegen den Irakkrieg war klar: “Kein Blut für Öl!” Die imperialistischen Begehrlichkeiten der US-Petroindustrie sollten nicht höher gewichtet werden als Menschenleben. Viele Forderungen der Ukraine-Demos waren direkter an die Schweizer Behörden gerichtet: “Sanktionen jetzt!”. Putins imperialistische Begehrlichkeiten beziehen sich zwar nicht aufs Öl, aber es sind fossile Energieträger, welche den Krieg finanzieren – grösstenteils über die Schweiz.
In der Schweiz war immer klar, dass die Forderung nach Frieden bedeutet, dass der angreifende Staat seine Kampfhandlungen sofort einstellt und seine Truppen zurückzieht. Das galt während dem Irakkrieg und jetzt auch in der Ukraine.
Kosten für den Aggressor
Eine weitere Parallele des Irak- und des Ukrainekrieges sind die exorbitanten Kosten, welche der Krieg auch der angreifenden Seite verursacht. Die USA besiegten die irakische Armee zwar innerhalb weniger Wochen. Die Kosten der jahrelangen Besatzung und weitere Folgekosten belaufen sich jedoch auf mehrere tausend Milliarden Dollar. Neben den finanziellen Kosten waren auch die politischen Kosten für die USA gewaltig. Der Krieg stürzte den Irak ins Chaos und schuf die Voraussetzung für die Entstehung von Terrorgruppen wie ISIS. Das moralische Gewicht der USA auf der Weltbühne nahm durch die Invasion und Skandale wie das Foltergefängnis Abu Ghraib immensen Schaden. Man kann durchaus argumentieren, dass die USA wegen dem Krieg ihren Status als alleinige Supermacht verloren hat.
Die Kosten des Ukrainekrieges sind für Russland in vielerlei Hinsicht schon jetzt noch dramatischer – finanziell, politisch und militärisch. Die Parallele ist offensichtlich: Militarismus bringt Tod und Verderben. Nicht nur für die Opfer des Krieges, sondern auch für die Täter.
Die Proteste gegen den Irakkrieg 2003
Am 15. Februar 2003 demonstrierten weltweit zwischen sechs und zehn Millionen Menschen gegen den sich abzeichnenden Krieg, in Bern waren es an dem Tag rund 40’000. Am 20. März, dem Tag des Kriegsbeginns, waren es in Bern nochmals etwa 40’000 Demonstrant:innen, während es in weiteren Städten zu spontanen Protesten, insbesondere auch Schulstreiks, kam. Im Thurgau beispielsweise marschierten zahlreiche Mittelschüler:innen zu einer zentralen Demo in Weinfelden – immerhin ein Fussmarsch von bis zu 20 Kilometern.
Die Proteste waren prägend für eine ganze Generation von Politaktivist*innen. Die weltweiten Demonstrationen konnten den Krieg zwar nicht verhindern, hatten aber einen Einfluss darauf, dass mehrere Staaten sich nicht der “Koalition der Willigen” der USA anschlossen.