Auf der Seite der Menschen

Seit dem 7. Oktober 2023 wieder in aller Munde, doch mit langer Vorgeschichte. Wie wir uns im aktuellen Israel/Palästina-Krieg positionier(t)en.

Der Angriff der radikalislamischen Hamas am 7. Oktober auf israelische Zivilist*innen ist grausam und auf keine Weise zu rechtfertigen. Der Gegenschlag der israelischen Regierung folgte umgehend und in einer Brutalität, die nicht in Worte zu fassen ist. Die GSoA  ist eine Organisation, die auf Menschen- und Völkerrecht beruht, und deshalb auch für deren konsequente Einhaltung steht. Denn nur auf dieser Grundlage können wir einen gerechten Frieden in Israel/Palästina erreichen. 2021 erschien in dieser Zeitung (Nr. 187) ein Text der GSoA-Koordination, der versuchte, die komplexe Lage für die Schweiz auf einfache Formeln herunterzubrechen: “Für die Schweiz bedeutet das, ihre Verantwortung als Depositarstaat der Genfer Konventionen ernster zu nehmen, alle Kriegsverbrechen zu verurteilen, jegliche Rüstungs- und Militärkooperation mit Israel und den anderen Nahost-Staaten einzustellen und ihre Guten Dienste für einen gerechten Frieden aktiver einzusetzen.” Dieses Zitat hat noch immer Gültigkeit. 

Im Aufruf zu unserer Kundgebung auf dem Bürkliplatz im November 2023 (vgl. Seite 2) schreiben wir nun: “Die Leidtragenden dieser Ereignisse sind die Menschen. So zahlt die Zivilbevölkerung heute den Preis für die Kriegsverbrechen der Hamas und den militärischen Vergeltungsschlag Israels. Es sind ihre Familien, Freunde und Bekannte, die getötet, verletzt und traumatisiert werden. Die Gewalt in Israel und Palästina muss gestoppt werden.” So forder(t)en wir weiter: 

-Sofortigen Waffenstillstand und den Stopp der Gewalt

-Freilassung der in Gaza verbleibenden Geiseln

-Freilassung willkürlich inhaftierter palästinensischer Gefangener

-Bedingungslose Durchsetzung der Menschenrechte und des Völkerrechts

-Gewährung humanitärer Hilfeleistungen und ein Ende der Blockade von Gaza

-Einstellung von Waffengeschäften in der ganzen Region durch die Schweiz

-Untersuchungen zu Kriegsverbrechen durch den internationalen Strafgerichtshof
-ein Waffenembargo und ein Ende der Rüstungskooperation mit den kriegstreibenden Kräften

Von Asymmetrie und Antisemitismus

Und dennoch: Zu sagen, was ist, ohne dabei die wichtige Kontextualisierung aussen vor zu lassen, bleibt die grösste Schwierigkeit in diesem Krieg. Zuerst einmal ist zu bemerken, dass die Besetzung und Besiedelung des Westjordanlandes das Völkerrecht verletzt. Dann sind die palästinensischen Opferzahlen auch in diesem Krieg viel höher. Das hat mit einer krassen militärischen Asymmetrie zu tun. Diese  ist nicht zuletzt die Folge der Unterstützung durch die westlichen Mächte. Der Gazakrieg ist zuweilen auch ein politisches Schlachtfeld, auf dem anti-muslimische Ressentiments geschürt  und hierfür von der internationalen Rechten instrumentalisiert und gefeiert wird. Zum Redaktionsschluss dieser Zeitung sprechen die offiziellen UNO-Zahlen von 25’000 getöteten Palästinenser*innen und 1300 getöteten Israelis. Sogar Bürgerliche Medien schreiben vom “Kinderfriedhof Gaza”. 

Weder die Hamas noch die israelische Regierung vertreten die (gesamte) Bevölkerung. Auf beiden Seiten gibt es starke Stimmen nach einem friedlichen Zusammenleben. Auch der Kampf gegen Netanjahus Justizreform in Israel ist in diesem Zusammenhang zu erwähnen. Kein Hamas-Anschlag rechtfertigt antimuslimische und rassistische Meinungen. Ebenso klar ist, dass weder die Opfer-Asymmetrie noch die Besatzungspolitik Gründe für Antisemitismus oder die Infragestellung des Existenzrechts Israels sind. Sowohl die israelische als auch die palästinensische Bevölkerung sind traumatisiert durch ihre Geschichte, was diesen Krieg zu einem besonderen macht. Das Zitat aus der Rede von Shirine Dajani an der Kundgebung im Dezember in Bern (vgl. Seite 2) lässt sich auf beide Seiten anwenden: “Wie konnten wir zu einer Gesellschaft werden, die den Tod (von Kindern) als akzeptables Mittel zum Zweck akzeptiert? Was muss in unserer Psyche geschehen, damit wir ihre Tötung rechtfertigen, selbst auf unglaublich brutale und groteske Weise? Das nennt man Entmenschlichung. (…) Von der Unterdrückung und Vernichtung von Völkern in Amerika, Afrika, Australien bis hin zu Europa wurden Propagandakampagnen zur Entmenschlichung ganzer Gruppen von Menschen eingesetzt.” Wir stehen weiterhin für einen gerechten Frieden in Israel/ Palästina ein.