Das wahre Ausmass Schweizer Rüstungsexporte

Wie ein Bericht der heutigen Sonntagszeitung offenlegt, sind die Exporte von Rüstungsgütern aus der Schweiz um ein Vielfaches höher als die bisher veröffentlichten Angaben. Im Jahre 2012 wurden Rüstungsgüter für total 3.1 Milliarden Franken ausgeführt, mehr als viermal so viel wie bisher ausgewiesen.

Die enormen Unterschiede zu den bisherigen Angaben zu Kriegsmaterialexporten erklären sich durch die bisher nicht veröffentlichten Angaben zu Exporten von besonderen militärischen Gütern, welche das Seco erstmals detailliert veröffentlicht hat. Diese Unterteilung der Rüstungsgüter in zwei Kategorien existiert nur in der Schweiz und ermöglicht es, Rüstungsgüter als „besondere militärische Güter» unter dem sehr lockeren Güterkontrollgesetz zu exportieren. Die Gesetzgebung bietet zum Beispiel keine Möglichkeit, solche Exporte zu unterbinden, selbst wenn der Empfängerstaat offiziell erklären würde, damit einen Krieg anzuzetteln oder seine eigene Bevölkerung zu massakrieren. Die GSoA kritisiert diese Regelung seit Jahren.

Die vom Seco veröffentlichten Statistiken für die Jahre 2006-2012 lassen einem die Haare zu Berge stehen:

  • So wurde Libyen unter dem Diktator Gadaffi im selben Jahr (2008) mit Rüstungsgütern aus der Schweiz beliefert, als er zwei Schweizer Bürger als Geiseln genommen hatte und sich die ganze Schweizer Politik um deren Befreiung bemühte.
  • In allen veröffentlichten Jahrgängen taucht auch China als Absatzort von Schweizer Rüstungsgütern auf, insbesondere von Technologie (bsp. 2011 für 10 Millionen Franken). Damit unterstützt die Schweiz die massive Aufrüstung der chinesischen Volksarmee. Weder die USA noch die EU liefern Rüstungsgüter an China, um diese Aufrüstung nicht noch weiter zu unterstützen.
  • Im letzten Jahr war der mit Abstand grösste Kunde mit über einer Milliarde Franken die wahabbitische Monarchie in Saudi-Arabien.

Mit der fadenscheinigen Begründung von rückläufigen Rüstungsexporten wollen die Lobbyisten im Parlament nächste Woche die bestehenden Gesetze für Kriegsmaterialexporte weiter lockern. GSoA-Vorstand Adi Feller findet: «Die Schweiz braucht nicht eine Schwächung der Exportkontrolle, sondern ein Gesetz, das endlich für alle Rüstungsgüter gilt.» Es wäre zu hoffen, dass der Nationalrat dies erkennt, wenn er nächsten Donnerstag über den Kahlschlag bei der Kriegsmaterial-Verordnung abstimmt. Denn die humanitäre Tradition, die Neutralität und die Glaubwürdigkeit der Schweizer Aussenpolitik sind wichtiger als die finanziellen Interessen einiger weniger Unternehmen.

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