Das WEF: Wenn Konzerne in den Krieg ziehen

Vordergründig sind es zwar Staaten, die einander den Krieg erklären. Häufig stehen hinter bewaffneten Konflikten aber milliardenschwere Konzerne mit ureigenen Interessen. An der Schweizer Bevölkerung und an der Schweizer Regierung liegt es, der Macht der Konzerne die Macht der Politik entgegenzusetzen.

Pia Hollenstein, Nationalrätin der Grünen

2003 wurde von der UNO zum Jahr des Wassers erklärt. Das ist kein Zufall: 1,1 Milliarden Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser, 2,4 Milliarden kennen keine sanitären Anlagen. Nach Berechnungen der UNO werden im Jahr 2025 zwei Drittel der Weltbevölkerung unter Wasserknappheit leiden.

ABB und Nestlé mischen mit

Wasser, soviel steht heute schon fest, wird zu einem immer wichtigeren Rohstoff – um den bereits heute in Nahost und in nächster Zukunft noch vermehrt Konflikte und Kriege ausgetragen werden. Was knapp ist, ist aber auch kostbar – und hier schlägt die Stunde der multinationalen Konzerne. Ob als Anbieter von sauberem, in Flaschen abgefülltem Trinkwasser wie Nestlé, als Betreiber und Besitzer von kommunalen Trinkwasserversorgungen wie Vivendi oder als Lieferant von Turbinen für riesige Stauwerke wie die ABB: Konzerne, auch Schweizer Konzerne mischen im Geschäft ums Wasser kräftig mit.

Öl- und Waffenindustrie mit dabei

Wo es um Interessen von Firmen geht, bemühen sich diese emsig, ihre Regierungen für ihre Zwecke einzuspannen. So ist erwiesen, dass im ersten Irak-Krieg die US-Waffenindustrie zum einen ihre Altlasten in Form von Bomben auf den Irak niedergehen liess, zum andern neue Waffentypen erstmals im Feld erproben konnte. Ein anderes Beispiel ist die US-amerikanische Ölindustrie, mit der Präsident Bush auch gemeinsame Geschäftsinteressen verbinden. Ein gefügiges Regime im Irak wäre ein verlässlicher Öl-Lieferant und würde den Öl-Transit aus Zentralasien in den Westen nicht behindern. Darüber hinaus rechnen die USA, dass mehr Öl aus Irak und Zentralasien auch die dominante Stellung der in der OPEC zusammengeschlossenen Erdölproduzenten schwächen und damit den Ölpreis senken würde.

Kungeln hinter verschlossenen Türen

Was haben all diese Verwicklungen mit dem WEF zu tun? Vordergründig werden politische Konflikte zwar von der Politik diskutiert, also in der UNO, wo die Entscheidungsgänge transparent und demokratisch verlaufen. Die LobbyistInnen der massgeblichen Industrie hingegen versammeln sich nicht am Hauptsitz der Vereinten Nationen in New York, sondern in Davos. Hier werden Fäden gesponnen sowohl zwischen Konzernen und Regierungen wie auch zwischen Konzernen untereinander. So wird zwar gegen aussen stets das Lied von Wettbewerb und Markt gesungen. Hinter verschlossenen Türen dürfte es aber sehr wohl um Absprachen, die wirtschaftliche Aufteilung der Märkte und um das gemeinsame Antreten gegen strengere Umwelt- und Sozialnormen gehen.

Waffenexporte trotz Verbot

Auch der Schweizer Bundesrat könnte zeigen, dass ihm Ernst ist mit der Priorität, den die Politik vor der Wirtschaft haben muss, und zwar, indem er das Waffenausfuhrgesetz konsequent vollzieht. Dieses erlaubt den Export von Waffen nur an Länder, die nicht im Krieg stehen. Seit Jahr und Tag exportiert die Schweiz allerdings Waffen auch in die USA, in ein Land also, das permanent in fremde Länder interveniert oder – wie derzeit gemeinsam mit Grossbritannien – fast täglich in den so genannten Flugverbotszonen den Irak bombardiert. Die Grünen Schweiz werden in der Frühlingssession eine dringliche Motion einreichen, in der sie den Bundesrat auffordern, das Waffenausfuhrgesetz auch gegenüber den beiden kriegsführenden Ländern USA und Grossbritannien anzuwenden. Allein an die USA verkauften Schweizer Unternehmen im Jahr 2001 Kriegsmaterial im Wert von 21 Millionen Franken, an Grossbritannien Ware im Wert von 14,7 Millionen Franken. Diese Exporte nehmen zu: In den ersten neun Monaten 2002 waren es fast 24 Millionen Franken, welche die Schweiz mit Waffenverkäufen an die USA einnahm.

Die Demonstration am WEF soll zeigen, dass wir weder Krieg von Staaten noch Krieg von Konzernen akzeptieren. Wir stellen uns gegen die Logik, die mächtige Öl-, Wasser- und Waffenindustrien zu den Verbündeten von Regierungen wie jene der USA und Grossbritanniens machen.

Widerstand wird zur Pflicht

Globale Probleme müssen in demokratisch legitimierten Gremien angegangen werden. Der Ort, um internationale Konflikte und Probleme zu diskutieren und Handlungsmaximen zu verabschieden, ist die UNO – seit letztem Jahr ist auch die Schweiz Mitglied. Das WEF gibt vor, zur Lösung der globalen Probleme beizutragen. Es werden aber hinter verschlossenen Türen Strategien ausgeheckt, welche den Reichtum des Nordens sichern sollen. Das WEF hat in den letzten Jahren in keiner Weise zur Verkleinerung der Armutsschere beigetragen. Gerade die transnationalen Konzerne sind für globale Missstände mitverantwortlich und profitieren teilweise enorm. Verbindliche Zusagen für eine Veränderung ihrer mitunter menschenrechts- und umweltverachtenden Geschäftspraxis sind auch dieses Jahr nicht zu erwarten. Allenfalls fallen schöne Worte, die Taten werden ausbleiben. Die soziale und ökologische Ausbeutung wird weitergehen. Deshalb wird Widerstand zur Pflicht. Zugunsten mehr globaler Gerechtigkeit.

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