2014 wurden Handgranaten aus der Schweiz bei einem Anschlag des Daesh in der Türkei eingesetzt, 2015 dann Panzer der Mowag im Jemen-Krieg: Die Schweiz befeuert durch ihre Waffenexporte kontinuierlich Kriege und undemokratische Regime im Nahen Osten.
Seit März 2011 starben im syrischen Bürgerkrieg über eine halben Million Menschen und Millionen mussten ins Exil flüchten. Dasselbe gilt für den Jemen, wo durch die Intervention einer von Saudi-Arabien geführten Koalition Zehntausende Menschen ihr Leben verloren. Wir können auch die Türkei erwähnen und ihren Krieg im syrischen Kurdistan und natürlich Israels gewaltsame Besatzung in Palästina. Neben Krieg im engeren Sinne, wurden verschiedene Proteste der Bevölkerung in der gesamten Region unterdrückt und niedergeschlagen. Diese katastrophale humanitäre Situation sollte die Schweiz, der Neutralität verpflichtet und Depositarstaat der Genfer Konventionen, eigent lich dazu bewegen, ihre Kriegsmaterialexporte in die kriegführenden und konfliktgeladenen Gebiete einzustellen. Doch die Realität sieht anders aus: Die Hauptakteure der oben genannten Konflikte kaufen sich regelmässig Kriegsmaterial aus der Schweiz.
Bern im Jemen-Krieg
Der Fall Jemen ist beispielhaft. Zwischen 2015 und 2018 exportierte die Schweiz für 22,8 Millionen Franken Kriegsmaterial nach SaudiArabien. Hinzu kommen Exporte von «besonderen militärischen Gütern», zum Beispiel von militärischen Trainingsflugzeugen vom Typ Pilatus PC-21 für mehrere hundert Millionen
Franken. Die NGO Control Arms hat die Schweiz wegen diesen Lieferungen an das an mehreren Fronten Krieg führende Land beschuldigt, gegen den 2015 ratifizierten Waffenhandelsvertrag (ATT) zu verstossen. Der Bund rechtfertigt die Exporte damit, dass es sich um Reparaturen gehandelt habe, die Teil der Herstellergarantie gewesen seien. Die Schweiz müsse ein verlässlicher Partner bleiben. Es ist nicht das erste Mal, dass der Bund sich nicht an die gegebenen Verpflichtungen gehalten hat. Im Mai 2015 verhängte er zwar ein Moratorium für Exporte in diese Länder, setzte dieses aber bereits im April 2016 wieder aus. So exportiert die Schweiz Kriegsmaterial nicht nur nach Saudi-Arabien, sondern auch in mehrere andere Staaten, die an der von Riad geführten Koalition beteiligt sind. Dies gilt insbesondere für die Vereinigten Arabischen Emirate, an welche die Schweiz zwischen 2015 und 2018 für rund 15 Millionen Franken Kriegsmaterial verkauft hat. Die bundeseigene RUAG gründete dort 2016 sogar eine Tochtergesellschaft, um ihre Aktivitäten im Nahen Osten noch weiter auszubauen. Zum Vergleich: Im Gegensatz zur Schweiz gehen solche Rüstungsexporte einigen anderen Staaten, die sich notabene die Neutralität nicht aufs Banner schreiben, deutlich zu weit. So hat zum Beispiel Deutschland Anfang 2018 jegliche Exporte an die Kriegskoalition von SaudiArabien eingestellt.
Waffenexporte stoppen!
Die Exporte von Schweizer Kriegsmaterial sind durch das Kriegsmaterialgesetz (KMG) und die Kriegsmaterialverordnung (KMV) geregelt. Auf Druck der starken Rüstungslobby wurde diese Verordnung in den letzten Jahren mehrfach gelockert. Diese Erosion der Exportkontrolle macht schliesslich die wenigen Zugeständnisse zunichte, die der Bundesrat im Jahr
2009 gemacht hat, nur um die Erfolgschancen der GSoA-Initiative für ein totales Waffenexportverbot zu schmälern. Seit 2014 ist es wieder möglich Kriegsmaterial in Länder zu exportieren, in denen schwerwiegend und systematisch die Menschenrechte verletzt werden. Das zwingende Ausschlusskriterium für Exporte in Länder mit internen oder internationalen Konflikten wurde übrigens nie angewandt. Zu nennen sind hier zum Beispiel Exporte in die USA (86 Millionen zwischen 2015 und 2018), die massiv in verschiedenen Regionen der Welt militärisch eingreifen. Und es wird noch schlimmer: Anfang Jahr kündigte der Bundesrat an, dass er bereit sei, einen nächsten Schritt Richtung weitere Lockerung zu machen: Kriegsmaterial solle künftig auch in Bürgerkriegsländer exportiert werden können (siehe Artikel Seite 8).
Der Gipfel der Heuchelei
Während die Schweiz ungehindert Waffen in den Nahen Osten exportiert, führt sie eine weniger grosszügige Politik, wenn es darum geht, Menschen willkommen zu heissen, die von den Konflikten zur Flucht gezwungen werden – Konflikte, von denen die Schweiz letztendlich profitiert. Im Einklang mit ihrer militärischen Logik steht die Schweizer Armee an die Grenzen, um MigrantInnen aufzuhalten. Wann endlich werden Menschenleben mehr Gewicht haben als das Portemonnaie der Rüstungsfirmen unseres schönen neutralen Landes? Die GSoA wird den Kampf weiterführen.