Die Andere Menschenrechts – Beobachtung

Freiwillige von Peace Watch Switzerland leisten zur Zeit Brigadeeinsätze zur Menschenrechtsbeobachtung in Chiapas, wo der Wahlkampf in die heisse Phase getreten ist. Ein Erlebnisbericht aus dem Süden Mexikos.

Von Agi Biro und Caroline Gartmann.

Drei wichtige politische Prozesse prägen im Jahre 2006 das politische Klima sowohl in Mexiko als auch in Chiapas: Erstens die «Andere Kampagne» der EZLN, eine zivile politische Offensive der Zapatistas, mit der sie Verbündete für ein anderes Mexiko im ganzen Land suchen. Als Zweites die Wahlkampagnen zur Präsidentschafts- und Kongresswahl vom Juli sowie drittens die Wahlen für den Gouverneursposten im Bundesstaat Chiapas, welche im August stattfinden werden.

In einem so wichtigen politischen Moment erstaunt es nicht, dass zahlreiche politisch und wirtschaftlich einflussreiche Akteure versuchen, mehr Macht zu erlangen. Stimmen werden gekauft, die Pfründe und der Einfluss neu verteilt. Auch spalten wieder erstarkte paramilitärische Gruppierungen durch Einschüchterung die indigenen Dörfer und verbreiten Angst und Schrecken.

Um Menschenrechtsverletzungen in diesen brisanten Zeiten auf nationaler und internationaler Ebene publik zu machen, schlossen sich fünf NGO’s aus der Schweiz und aus Mexiko zu einem speziellen Beobachtungsprogramm zusammen: PeaceWatch Switzerland, Centro de los Derechos Humanos Fray Bartolome de las Casas (Frayba), Programa Suizo de Observación y Promoción de la Paz en Chiapas (ProPaz), Servicio Internacional Para la Paz en Chiapas (Sipaz) und Alianza Civica Chiapas. Dabei soll die Beobachtung primär von lokalen Leuten selbst durchgeführt werden und nicht wie bis anhin vorallem von internationalen MenschenrechtsbeobachterInnen.

Das Beobachtungsprogramm wird folgendermassen durchgeführt: Drei Beobachtungsbrigaden aus der Schweiz werden in den Monaten Februar bis Juni 06 in die indigenen Dörfer entsandt. Dort schulen sie lokale «Promotores», das sind Freiwillige, welche allfällige Verletzungen ihrer politischen Rechte beobachten, protokollieren und den lokalen Menschenrechtsorganisationen weiterleiten. Diese veröffentlichen dann die Ergebnisse der Beobachtung auf nationaler und internationaler Ebene.

Erste Schritte

Als Delegierte der ersten Brigade mussten wir vorerst abklären, ob die einzelnen autonomen Gebiete der Zapatistas überhaupt an diesem Beobachtungsprojekt teilnehmen möchten. Dabei reisten wir in die «Caracoles», die Hauptorte der einzelnen zapatistischen Regionen. Unsere Aufgabe war es vorerst, das Projekt der autonomen Regierung vorzustellen, welche anschliessend das Projekt ihren einzelnen Bezirken zur Abstimmung vorlegt.

Dieser Prozess braucht seine Zeit: Je nach Beschäftigungsgrad der autonomen Räte wartet frau ein bis zwei Tage im «Caracol», bis eine Entscheidung gefallen ist. Dies kann zu angenehmen Nächten in der Hängematte und zu spannenden Gesprächen mit den Comapañeros und Compañeras bei Tortilla, Bohnen und Kaffee führen. In den Gemeinden wurden wir immer mit offenen Armen empfangen und unser Vorschlag traf meist auf offene Ohren.

In den autonomen indigenen Gemeinden spielen die internationalen MenschenrechtsbeobachterInnen eine wichtige Rolle. Seit dem Aufstand der Zapatistas am 1. Januar 1994 weilten Vertreterinnen der nationalen und internationalen Zivilgesellschaft vor Ort, um die zivile Basis der Aufständischen vor Übergriffen seitens des Militärs und der Paramilitärs zu schützen und den zapatistischen Kampf für die Anerkennung der indigenen Rechte und Kultur zu unterstützen.

Dabei darf nicht vergessen gehen, dass insbesondere die lokalen MenschenrechtsaktivistInnen in Mexiko zahlreichen Repressionen ausgesetzt sind. Seit Ende November 2005 wurden allein in San Cristobal de Las Casas elf Einschüchterungen oder Übergriffe auf AktivistInnen gemeldet. Dies ist ein untrügliches Zeichen, dass die mexikanische Wahlen in ihre heisse Phase getreten sind – und unsere Beobachtungsarbeit dringender denn je ist.

Kontakt: chiapas@peacewatch.ch
Spenden für das Spezialprogramm der Beobachtungsbrigaden im Wahljahr 2006:
PC 87-356427-6, Vermerk: Chiapasbrigaden
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