Erfahrungsbericht: GSoA-Sekretärinnen im Militär

An einem grauen Mittwoch im März sitzen Anja und ich frühmorgens im Zug. Unser Ziel: die Militärkaserne Birmensdorf. Einige Wochen zuvor ist das Aufgebot in unsere Briefkästen geflattert. Heute treten wir an: In Birmensdorf findet ein ganztägiger Orientierungstag der Armee für Frauen statt.

Bundesrätin Viola Amherd will den Informationstag für Frauen obligatorisch machen. Ihre Hauptargumente sind die Sicherung des Armeebestandes sowie die Gleichstellung. Wir haben uns diese Veranstaltung deshalb genauer angeschaut.  

Von Frau zu Frau 
Wir reihen uns in eine Schlange voller junger Frauen im Eingangsbereich. Nach der Registrierung werden wir in Klassenzimmer mit etwa zehn weiteren Frauen aufgeteilt. An der Wand ist ein Bild von Frauen in Militäranzügen projiziert, die selbstbewusst in die Kamera blicken. Auf einem lila Balken steht: von Frau zu Frau. Auf unserem Tisch liegt für jede von uns eine Informationsmappe mit Militärschoggi bereit. 

Wir werden von einer Angehörigen der Armee begrüsst. «Heute duzen wir uns, das ist dann aber im Militär schon nicht so», schmunzelt sie. Den ganzen Morgen lang werden wir über die Schweizer Armee sowie über Einsatz- und Karrieremöglichkeiten informiert. Zum Zmittag stärken sich alle Teilnehmerinnen mit einer Portion Hörnli mit Ghacktem. Im Gespräch fällt mir auf: die Beweggründe der Frauen sind vor allem persönlicher Art. Einige wollen an die Polizist*innenschule, andere stehen am Abschluss ihrer Ausbildung und suchen eine persönliche Herausforderung, für andere sind Karrieremöglichkeiten ausschlaggebend. Was im Gespräch nicht vorkommt: die Sicherheitslage, oder, was es im Ernstfall hiesse, Soldatin zu sein. Nur der Zürcher Regierungsrat Mario Fehr, der nach dem Mittagessen vorbeischaut, betont in einer Rede, wie wichtig unser Einsatz angesichts der veränderten Sicherheitslage sei.  

Danach geht es Schlag auf Schlag weiter. Am Nachmittag dürfen wir Persönlichkeitstests machen, Ausrüstung anprobieren, Sturmgewehre testen und verschiedene Panzertypen besichtigen. Am Ende des Tages steht noch der Sporttest an. Zur Verabschiedung kriegen wir Tipps mit auf den Weg, wie wir uns mit der armeeeigenen App für ein gutes Resultat bei der Rekrutierung trainieren können. 

Dienstmodell für echte Gleichstellung
Im Zug nach Hause bin ich etwas müde vom Exkurs in diese Parallelwelt. Insbesondere das Gleichstellungsargument beschäftigt mich: Die Angehörigen der Armee, mit denen ich gesprochen habe, sind unterschiedlicher Meinung, wenn es um Pflichten für Frauen geht. Worum es vielen geht: Sie wollen beweisen, dass sie gleich viel leisten können wie Männer, indem sie in eine männlich dominierte Sphäre eindringen. Im Militär gelten gleiche Rechte und  Pflichten für alle – wobei oftmals ergänzt wird, dass man sich als Frau zehnmal mehr beweisen muss, um dieselbe Anerkennung zu erhalten.

So ist auch der Slogan “Sicherheit ist auch weiblich” des VBS an jenem Tag omnipräsent. Auch schon vor diesem Tag hat uns dieser umgetrieben. Denn er lässt aussen vor, dass Frauen bereits heute mit unbezahlter Care-Arbeit einen grossen Beitrag zu unserer Sicherheit leisten. Zudem erscheint es illusorisch, von den gleichen Rechten und Pflichten zu sprechen, in einem Land, in dem Männer immer noch unbegründet über 2.5% mehr als Frauen verdienen, alle 3 Wochen eine Frau von einem Mann ermordet wird und in dem von den 100 grössten Firmen 10 CEOs weiblich sind.  

Als Feministinnen und Antimilitaristinnen müssen wir über die Diskussion über Pflichten und Rechte hinausgehen, denn das Patriarchat und der Militarismus werden nicht akzeptabler, wenn Frauen darin besser repräsentiert sind. Als feministische Bewegung stehen wir für eine andere und gerechtere Gesellschaft ein. Gleichstellung heisst somit nicht, dass Frauen in die Armee gehen müssen, sondern, dass Männer es nicht mehr müssen. Für die GSoA ist klar: Wir werden uns weiterhin gegen jegliche Pflichten für Frauen in Sachen Militär wehren!