Friedenspolitik in Kriegszeiten

Die aktuellen Kriege in der Ukraine und im Nahost haben vieles verändert. Die Diskussionen werden geprägt von Begriffen wie «Umstellung auf Kriegswirtschaft», «substanzielle Aufrüstung» oder gar dem potenziellen Einsatz von Atomwaffen». Welche Bedeutung hat Friedenspolitik in dieser Diskussion?

Ein Krieg ist ein «organisierter und unter Einsatz von Waffen und Gewalt ausgetragener Konflikt». Ziel von Krieg ist es, eigene Interessen durchzusetzen. Kriege entstehen in der Regel nicht aufgrund von Zufällen. Es gibt Faktoren, welche den Boden für Kriege bereiten. Soziale Ungerechtigkeiten, Nationalismus, fehlende Bildung, Ausbeutung, Machtansprüche, politische Herrschaftsstrukturen oder die Manipulation von Meinungen gehören beispielsweise dazu. Wenn Kriege ausbrechen, setzt meist eine Gewaltspirale ein. Die Kriegsparteien und das Umfeld reagieren mit Mitteln, die den Konflikt nicht entschärfen, sondern verschärfen. Auf Waffengewalt wird mit Waffengewalt reagiert. Das Hochschaukeln der Gewaltspirale drängt Stimmen, die nach zivilen Alternativen zur Waffengewalt rufen, an den Rand. Sie werden als «Naivlinge» oder «Gutmenschen» tituliert. Jene, die sich schon immer für mehr Aufrüstung ausgesprochen haben, fühlen sich durch den Krieg in ihrer Haltung bestärkt. Seht her, es herrscht Krieg! Wir haben immer davor gewarnt! Der Gedanke, dass sie mit ihrer Politik der Aufrüstung in Friedenszeiten spätere Kriege begünstigt und diesen den Boden bereitet haben, können oder wollen sie nicht sehen. 

Friedenspolitik verfolgt das gegenteilige Konzept. Friedenspolitik will in Friedenszeiten dafür sorgen, dass der Frieden Bestand hat. Sozialer Ausgleich, Förderung von demokratischen Systemen, Chancengleichheit und Bildung gehören beispielsweise dazu. Friedenspolitik bekämpft Strukturen, die im Widerspruch dazu stehen. Bezogen auf das reiche Land Schweiz heisst das, dass wirtschaftliche Interessen nicht über alles gestellt werden. Waffen in die ganze Welt zu exportieren, ist das exakte Gegenteil von Kriegsverhinderung. Geschäfte mit zwielichtigen Figuren zu tätigen, die in ihren Ländern Werte vertreten, die gegen die Interessen der Bevölkerung stehen, ebenfalls nicht. Und wenn Banken nach wie vor Investitionen tätigen, die wenigen Menschen viel Reichtum bringen und viele ärmer werden lassen oder die Umwelt schädigen, dann ist das ebenfalls das Gegenteil von Friedenspolitik. 

Wenn Menschen zu Bestien werden

Die Welt ist fragil und unsicher geworden. Autokraten und Nationalisten gewinnen an Bedeutung und erhöhen das Risiko von weiteren Kriegen. Wenn die Büchse der Pandora «Krieg» einmal geöffnet ist, dann ist es schwierig, Gegensteuer zu geben. Dies umso mehr, weil die Geschichte und die Gegenwart uns lehren, dass Menschen im Krieg zu «Bestien» werden können. In Strukturen von «Befehl und Gehorsam» können Menschen Dinge tun, die vor dem Krieg absolut unvorstellbar waren. Kriege können dazu führen, dass Männer Säuglinge an die Wand werfen. Es sind die Säuglinge des Gegners. Massenexekution, Massenvergewaltigungen, das Abschlachten von Zivilist*innen gehören zum Krieg. Kriege führen dazu, dass es Menschen gibt, die ein Gefühl der Befriedigung empfinden, wenn sie andere Menschen foltern. In Kriegen werden Werte umgedeutet. Im Dienste der Truppe zu morden, wird zum Heldentum verklärt. Über die Zeit sinkt die Hemmschwelle zur Grausamkeit. Es braucht immer weniger Überwindung, das Grausame zu tun. Kriege führen dazu, dass sich Menschen Stück für Stück von jeder Menschlichkeit entfernen und sich selbst als Mensch verlieren. Krieg ist unvorstellbar grausam. Diese Grausamkeit des Krieges ist Argument und Verpflichtung genug, um immer für eine aktive Friedenspolitik einzustehen. Und zwar laut und fordernd! Mit der GSoA tun wir dies seit 1982 konsequent und nachhaltig. Und wir werden es weiterhin tun. Dies ist gerade in Kriegszeiten besonders wichtig und unverzichtbar. Friedenspolitik bereitet den Frieden vor, Kriegspolitik den Krieg.