Gemäss den aktuellen Armee- und sicherheitspolitischen Berichten ist ein bewaffneter Angriff auf die Schweiz äusserst unwahrscheinlich. Diese Formulierung wurde nach dem Angriff auf die Ukraine sogar noch deutlicher gewählt als zuvor.
Für die Schweiz war der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine keine Zeitenwende der realen militärischen Bedrohung. Aber es war dennoch eine sicherheitspolitische Zeitenwende: Die Bürgerlichen haben seither alle Hemmungen und jedes Mass verloren in ihren Forderungen nach Aufrüstung. Dieser Ausgabenwut opfern sie alles unter: Altersvorsorge, Klimaschutz, Bildung. Die bürgerliche Hegemonie schadet aber auch der Sicherheit der Schweiz, weil sie die Sicht auf die realen Bedrohungen vernebelt.
Wir fordern deshalb eine nüchterne Bedrohungsanalyse, die nicht auf einem subjektiven Gefühl der Gefährdung basiert, sondern auf dem Boden der Realität. Wir müssen unseren Fokus auf die Risiken legen, deren Eintrittswahrscheinlichkeit und deren Schadenspotential am grössten ist und in Mittel investieren, welche dagegen tatsächlich etwas nützen.
Wir fordern, dass die Klimakrise endlich als Gefahr für die nationale Sicherheit anerkannt wird. Kaum eine andere Bedrohung hat für die Menschheit ein derart hohes Schadenspotential wie der durch unsere Emissionen verursachte Temperaturanstieg. Die Wahrscheinlichkeit und das Ausmass immenser Schäden steigt mit jedem Jahr der Untätigkeit. Obwohl die Schweiz gemäss den Klimamodellen besonders betroffen sein wird, sind die Investitionen unseres Landes in Entkarbonisierung weiterhin nicht einmal im Ansatz angemessen.
Wir fordern Investitionen in die Katastrophenhilfe. Die Schweiz ist derzeit auf diverse reale Gefahren nur unzureichend vorbereitet. Das Schweizer Gesundheitswesen wäre im Moment bereits bei einem Ereignis mit mehr als 25 Schwerverletzten überfordert. Gemäss dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz wäre jedoch jederzeit ein Erdbeben möglich, bei dem 10’000 Verletzte zu versorgen wären.
Wir fordern eine Militärdoktrin, welche die geographische Lage der Schweiz einbezieht. Die Schweiz liegt nicht im Baltikum, sondern sie ist von einem dichten Ring von Natostaaten umgeben. Selbst wenn die USA nicht mitgezählt werden, haben die Natostaaten in den vergangenen Jahren ein Mehrfaches in ihr Militär investiert wie Russland. Putins Armee hat aus militärischen, wirtschaftlichen, aber auch demographischen Gründen keine Chance, die Nato ernsthaft mit konventionellen Mitteln herauszufordern. Es gibt kein realistisches Szenario, in dem seine Truppen plötzlich auf der anderen Seite des Bodensees stehen.
Wir fordern vom Parlament einen Marschhalt bei den Armeeausgaben. Das Parlament muss die Armeebotschaft 2024 mitsamt allen fünf Beschlüssen, insbesondere dem Rüstungsprogramm 2024, dezidiert ablehnen.
Wir fordern eine Sicherheitspolitik, die akzeptiert, dass die Schweiz ein neutrales Land ist.
Mehr als 90 Prozent der Schweizer Bevölkerung will an der Neutralität festhalten, die Neutralität ist in der Bundesverfassung festgehalten. Die Schweiz hat nicht nur keine Beistandsverpflichtung. Im Gegenteil ist es ihr verboten, militärischen Beistand zu leisten. An dieser Tatsache muss sich endlich auch die Schweizer Rüstungsplanung orientieren.
Wir fordern echte Solidarität mit unseren europäischen Nachbarn. Es nützt niemandem etwas, wenn zusätzliche Kampfjets und Panzer durch die Schweizer Alpen kurven. Auch als neutrales Land hat die Schweiz zahlreiche Möglichkeiten, um zu einer stabilen Sicherheitsarchitektur in Europa und weltweit beizutragen. Dazu gehört unter anderem die humanitäre Hilfe für die Ukraine – beispielsweise im Energiesektor – sowie die Durchsetzung der Sanktionen gegen Russland.
Wir fordern eine Aufarbeitung, wie die Schweiz zur Aufrüstung Russlands beigetragen hat.
Unabhängig der politischen Einstellung sollte es Konsens sein, dass es ein strategischer Fehler ist, militärische Aggressoren aufzurüsten. Um aus der Vergangenheit zu lernen, braucht es eine öffentliche Aufarbeitung der Zusammenarbeit der Schweiz mit der russischen Rüstungsindustrie.
Wir fordern vom Bundesrat echte Kostentransparenz. Die geplanten Ausgaben für Rüstungsbeschaffungen werden Unterhalts- und Betriebskosten und später die Entsorgungskosten in Milliardenhöhe verursachen.
Wir fordern von den Bürgerlichen Ehrlichkeit. Die Armee wurde nicht “kaputtgespart”. Im Gegenteil, die Schweizer Militärausgaben steigen bereits seit zwei Jahrzehnten deutlich. Fakt ist: Kaum ein Land in Europa gibt pro Kopf so viel Geld für die Armee aus wie die Schweiz.
Wir fordern von der Politik den Einbezug der Bevölkerung. Gemäss den Umfragen der MILAK befürworten gerade einmal 20 Prozent der Bevölkerung höhere Armeeausgaben. Die grosse Mehrheit der Bevölkerung hat kaum eine Stimme in der Politik, auch weil gegen die Budgeterhöhungen kein Referendum ergriffen werden kann. Das könnte das Parlament ändern.