Gedanken im Schnee

(cs) Bericht aus der GSoA-Retraite 2004 im Emmental.

Züge fahren keine mehr, doch die Eisenbahnschienen sind noch vorhanden. Wie zum Hohn für all jene, die auf den Bus warten. Die Eisenbahn war für die Armee. Alles ist verschneit. Das Dutzend Wagemutige, das sich hierher verirrte, ist unterwegs an die GSoA-Retraite 2004 im Emmental.

Mobilantennen und Internet gibt es hier nicht, hingegen Spuren von Tieren im Schnee. Der Holzofen ist bereits eingeheizt und der Töggelikasten wird in Beschlag genommen. Diskutiert wird im ganzen Haus. Zum Beispiel: Was hat die Armee heute noch in den Städten zu suchen, wo doch Wohnungsnot und Platzknappheit geradezu nach der Umnutzung von Zeughäusern, Kasernen, Flug- und Schiessplätzen rufen? Würde ein Departement für Friedensförderung der Schweiz nicht gut anstehen? Ist die Militärjustiz nicht überholt? Wie kann die Schweiz aus dem Vertrag mit der Nato zurücktreten? Wenn Frauen und Männer verschiedene Sicherheitsbedürfnisse haben, wo beginnt die «Sicherheitshysterie»? Wie könnte ein Herstellungsverbot von Waffen erreicht werden? Und was hat ein Moratorium gegen Auslandeinsätze der Schweizer Armee mit der ungebremsten Reiselust nach Feriendestinationen in Militärdiktaturen zu tun? Daneben wurden Spiele gespielt, Musik gehört, gekocht, gewandert und zwischendurch, wie könnte es anders sein, strukturierte Diskussionsblöcke veranstaltet.

Rückblick 2004

Der Rückblick zu den Aktivitäten des vergangenen Jahres förderte wieder einmal die Bandbreite und Fülle der GSoA-Aktivitäten zu Tage. Da war die «Bunkerenttarnung» am WEF 2004, der Verweigerungsaufruf für die WEF-SoldatInnen, die Konferenz gegen den Krieg im Irak im März, eine Veranstaltung zur EU-Militarisierung, Veranstaltungen zum Krieg in Tschetschenien, eine Wehrpflichtdebatte und unzählige Schlagzeilen (und GSoA-Medienmitteilungen) zur ramponierten Armee. Im selben Jahr 2004 wurde auch der «Panzerknacker», die Rekrutenzeitung, neu aufgelegt und so rege verteilt, dass schon bald eine neue Auflage ansteht. Neue Personen wurden stärker eingebunden und andere von Verantwortung entlastet. Zudem war die GSoA an zahlreichen Anlässen präsent, so zum Beispiel am Genfer «Salon du livre».

Fazit aus dem Schnee


Bei den Wanderungen im Schnee fanden einige heraus, dass Karten zwar eine praktische Sache sind, ein Kompass vielleicht aber auch sehr nützlich sein könnte. Darum hier ein kurzes Fazit aus den zahlreichen Diskussionen, aus denen sich vier Themen für die kommenden Monate herauskristallisierten. Innere Sicherheit wird in einer Arbeitsgruppe weiterdiskutiert und ist auch Hauptthema an der Vollversammlung vom 3. April 2005. Unter Innere Sicherheit fallen Themen wie die drohende Auflösung des staatlichen Gewaltmonopols, private Sicherheitsdienste à la Securitas, die Verfassungswidrigkeit von inneren Einsätzen der Schweizer Armee (Stichworte: WEF, G8, EM/WM und Botschaftsbewachung) und Sicherheitshysterie. Unterschiedliche Sicherheitsbedürfnisse der Geschlechter und Betroffenheit im Alltag gehören ebenso dazu wie Datenschutz, Geheimdienste und Überwachung. Eine Arbeitsgruppe EU-Militarisierung befasst sich mit den militärischen Entwicklungen der EU und den Folgen für die Schweiz (vergleiche Das VBS blickt nach Brüssel), sowie der Nato und den Auslandeinsätzen der Schweizer Armee. Die dritte Arbeitsgruppe beschäftigt sich mit der indirekten Beteiligung am Krieg. So beispielsweise mit der Verantwortung der Privatwirtschaft, den Waffenlieferungen von Schweizer Firmen und der Diskussion um «dual-use-Güter» (einsetzbar für zivile und militärische Zwecke) und Entwicklungszusammenarbeit. Kriegsgewinnler aus Diamanten-, Öl-, Kleinwaffen- und Menschenhandel sind hier ebenso Thema wie das Bankgeheimnis. Das vierte Thema, zivile Friedensförderung, bleibt aktuell im Hinblick auf ein allfälliges Initiativprojekt.

Zu tun gibt es also genug im Jahr 2005: Wer sich für eines der Themen interessiert, ist herzlich willkommen mitzudiskutieren.

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