Schweizer Waffenexporte

Das Todesgeschäft wird in der Schweiz seit langem betrieben. Immer wieder kommt es zu Skandalen, Gesetze werden verletzt und grundlegende moralische Werte missachtet. Ein Rückblick auf die Zeit seit dem 2. Weltkrieg.

Waffenexporte haben in der Schweiz eine lange und unrühmliche Tradition. So waren im Zweiten Weltkrieg mehr als zehn Prozent der gesamten Schweizer Ausfuhren Waffen, Waffenbestandteile und Munition. Davon wurden 84 Prozent an die Achsenmächte geliefert. Für die Achsenmächte noch wichtiger waren aber wohl die sogenannten Dual-Use Güter, das heisst Güter, die sowohl für zivile wie auch für militärische Zwecke eingesetzt werden können wie z.B. Kugellager, Präzisionsinstrumente, Werkzeugsmaschinen und Ähnliches.

Atomwaffen für die Schweiz

Nach dem zweiten Weltkrieg engagierten sich in den fünfziger und sechziger Jahren einzelne Nationalräte gegen Waffenexporte. Auch der schweizerische Friedensrat, welcher 1945 gegründet wurde, protestierte immer wieder gegen diese Geschäfte. Als das Schweizer Militär in den fünfzige Jahren Atomwaffen beschaffen wollte, kreiste die friedenspolitische Debatte vor allem um den Kampf gegen die Atombewaffnung, die Waffenexporte rückten in den Hintergrund. Die aktivsten Atomwaffen-Gegner war die «Schweizer Bewegung gegen die atomare Aufrüstung» (SBgAA). Diese Gruppe lancierte eine Verbotsinitiative zur Atombewaffnung, die jedoch 1962 in der Volksabstimmung verworfen wurde.

Zwischen 1963 bis 1967 war die Zeit der jährlichen Ostermärsche gegen die Atombewaffnung. Das wichtigste an dieser Bewegung war wohl, dass sie das bis anhin dominierende Denkmuster durchbrechen konnte, nach welchem AufrüstungsgegnerInnen gleichzusetzen seien mit KommunistInnen.

1964 kommt es zum Mirageskandal: Eine massive Kostenüberschreitung in der Beschaffung dieser Kampfflugzeuge führte zu mehreren Rücktritten von hohen Militärs und letztlich wohl auch zur Aufgabe der Atomwaffenträume. 1967 unterzeichnete die Schweiz den Atomsperrvertrag und damit war das Thema Atomwaffen vom Tisch.

Bührle-Skandal

Damit rückten die Aktivitäten der Rüstungsfirmen wieder ins Rampenlicht der öffentlichen Diskussion – insbesondere diejenigen der Waffenschmiede Oerlikon-Bührle. 1961 bekam dieses Unternehmen von Südafrika den Zuschlag, Waffen zu liefern. Der Bundesrat gab 1963 das Material für den Export frei. Allerdings hatte die Uno im gleichen Jahr ein Waffenembargo gegen den Apartheidstaat beschlossen. Auf nationalen und internationalen Druck hin beschloss der Bundesrat, bis auf weiteres keine neuen Exportbewilligungen für Kriegsmaterial nach Südafrika mehr zu bewilligen. Doch Oerlikon-Bührle umging das Verbot unter Nutzung von Ratschlägen – von höchsten Bundesbeamten erhalten -, wie das Waffenausfuhrembargo gegenüber Südafrika am besten zu umgehen war.

Der nächste Skandal in der Schweizer Rüstungsindustrie liess nicht lange auf sich warten. 1968 lieferte wiederum Bührle illegal Kanonen nach Nigeria, welches in einen Bürgerkrieg in Biafra verwickelt war. Während in der Schweiz Geld für die hungernden Kinder in der Provinz Biafra gesammelt wurde, beschossen Bührle-Kanonen Flugzeuge des IKRK. Dieser Skandal rüttelte die schweizerische Öffentlichkeit auf und der schweizerische Friedensrat lancierte 1969 zusammen mit verschiedenen politischen, kirchlichen, pazifistischen und Drittwelt -Organisationen eine Volksinitiative für eine «vermehrte Rüstungskontrolle und ein Waffenausfuhrverbot». Auf die offensichtlichen Lücken beim Waffenausfuhrgesetz reagierten Bundesrat und Parlament mit einem neuen Kriegsmaterialgesetz. Damit wollten sie der Initiative etwas Wind aus den Segeln nehmen. Die Initiative kam im September 1972 zur Abstimmung. Auch sie wurde abgelehnt, allerdings äusserst knapp: mit 49.6 Prozent Ja-Stimmen war es bis heute die knappste Niederlage einer friedenspolitischen Initiative.

Pilatus-Flugzeuge

In den siebziger Jahren wurden dann die Pilatus Flugzeuge zum Thema. Bis 1973 waren diese Flugzeuge dem Kriegsmaterialgesetz unterstellt. Doch auf Druck von Oerlikon-Bührle, welche das Pilatuswerk zu schliessen drohte, wurden die Leichtflugzeuge aus der Kriegsmaterialverordnung gestrichen. Die Mehrheit des Parlamentes beschloss, dass die Flugzeuge zivilen Charakter hätten. Damit war der Weg frei, diese Flugzeuge unter anderem an Burma, Irak, Guatemala und Angola zu verkaufen, wo sie zur Bekämpfung der aufständischen Bevölkerung eingesetzt wurden.

1982 wurde die GSoA gegründet. Die Diskussion kreiste nun um die Frage nach Sinn beziehungsweise Unsinn der Armee. Damit rückten die Waffenexporte wieder in den Hintergrund. Zunächst wurde die GSoA belächelt, aber im Herbst 1986 gelang es, die Initiative «Für eine Schweiz ohne Armee und für eine umfassende Friedenspolitik» einzureichen. Diese Initiative wurde 1989 zwar abgelehnt, erreichte jedoch beachtliche 35.6 Prozent Ja-Stimmen.

Zweite Verbotsinitiative

Die Pilatusflugzeuge wurden in den neunziger Jahre nochmals zu einem kontroversen Thema. 1992 bestellte das südafrikanische Verteidigungsministerium 60 Pilatus-Flugzeuge. Der Bundesrat bewilligte 1993 den Export. Er argumentierte, dass er keine Hinweise habe, wonach die südafrikanische Regierung die Absicht habe, die neuen PC-7 nachträglich zu bewaffnen. Die Bewilligung des Exportes stand in offensichtlichem Widerspruch zu den Uno-Sanktionen. Der internationale Protest war riesig und in der Folge verzichtete dann die Schweiz auf weitere Lieferungen nach Südafrika. Dieselben Flugzeuge wurden später wieder für kriegerische Zwecke eingesetzt: 1994 dienten sie der mexikanischen Armee im Kampf gegen die aufständischen Bauern in Chiapas.

1997 wurde ein weiteres Mal über eine Initiative abgestimmt, die ein Verbot der Kriegsmaterialausfuhr verlangte. Diese Initiative, die von der Sozialdemokratischen Partei lanciert worden war, erhielt in der Volksabstimmung allerdings nur noch 22.5 Prozent Ja-Stimmen. Die Angst um Arbeitsplätze dominierte die Debatte und es gelang den Gegnern mit dieser Argumentation, die Initiative scheitern zu lassen.

Im neuen Jahrtausend erhält die Frage der Kriegsmaterialausfuhren in Zusammenhang mit dem Irakkrieg 2003 neue Aktualität. Breite Teile der Bevölkerung lehnen diesen Krieg und Waffenexporte an beteiligte Staaten ab. So findet der Widerstand gegen das mörderische Geschäft neue Kraft, die auch in Zukunft dringend gebraucht wird.