3 Lügen für 33 Maschinen

Im Dezember entscheidet der Nationalrat über einen Kredit zur Vorbereitung des Kaufs neuer Kampfflugzeuge. Die Argumente für die Milliarden-Beschaffung stehen auf wackligen Beinen. Andreas Cassee über Unwahrheiten, welche die Schweiz teuer zu stehen kommen könnten.

1. Die Luftpolizei-Lüge

Die Basis-Lüge der BefürworterInnen neuer Kampfflugzeuge bezieht sich auf den Einsatzzweck der Maschinen. Mit dem wohl realistischsten Szenario für einen Ernstfalleinsatz, dem Luft-Boden-Kampf bei Auslandeinsätzen der Armee, lassen sich im Moment keine Mehrheiten gewinnen. Denn, wie Claudia Haydt anlässlich einer Podiumsdiskussion zum 25-jährigen Jubiläum der GSoA formulierte: «Wenn man oben Bomben abwirft, kommen unten keine Menschenrechte raus.» Auch für die Landesverteidigung scheint das Bombardement aus der Luft wenig attraktiv. «Luftpolizei» lautet deshalb das Zauberwort, das Landesverteidigungs-TraditionalistInnen und ArmeereformerInnen gleichermassen hinter das Rüstungsprojekt bringen soll.

«Gibt es keine Kontrollen mehr, werden die Bad Guys durchfliegen», gab der Chef der Armee Christophe Keckeis im Mai dem «SonntagsBlick» zu Protokoll – die Terrorangst soll es also richten. Die alten Tiger seien «nicht allwettertauglich» und könnten deshalb «nicht in Staffeln mit hohem Bereitschaftsgrad» eingesetzt werden, so Divisionär Markus Gygax gegenüber der NZZ. Nur: Neben den veralteten Tiger verfügt die Schweizer Luftwaffe auch noch über 33 neuere F/A-18. Um die Notwendigkeit neuer Maschinen dennoch zu rechtfertigen, musste sich Gygax als Zahlenakrobat versuchen.

2. Die Zahlen-Lüge

Die Rechnung des Einsatzchefs der Luftwaffe lautet wie folgt: Um 24 Stunden am Tag jeweils vier Flugzeuge im Einsatzraum in der Luft zu haben, sind permanent 12 bis 16 einsatzbereite Maschinen nötig. Da gleichzeitig auch noch trainiert werden soll und da fehlende Wartungskapazitäten bei der 200-Stunden-Revision zu Wartezeiten führen würden, würde der Luftpolizeidienst mit der heutigen Flotte nach einem Monat zum Erliegen kommen. Da für den Ernstfall aber mit einer Einsatzdauer von zwei Monaten zu rechnen sei, müssten 33 zusätzliche Flugzeuge her.

Diese Rechnung wirft eine Reihe von Fragen auf. Die harmloseren lauten: Ist es wirklich nötig, parallel noch zu trainieren, wenn die Schweiz über zwei Monate Tag und Nacht mit Luftraumverletzungen konfrontiert ist? Könnten tagsüber bei schönem Wetter nicht doch die Tiger eingesetzt werden? Und wäre es nicht billiger, die Wartungskapazitäten zu erhöhen, statt für mehrere Milliarden neue Flugzeuge zu kaufen?

Entscheidender ist ein anderer Punkt: Die Gygax’sche Rechnung geht davon aus, dass für die Luftpolizei ständig Flugzeuge in der Luft sein müssen. Doch wie Albert A. Stahel gegenüber der «WOZ» erklärte, ist das gar nicht nötig: Es reicht, dass abflugbereite Maschinen auf den Flugplätzen stehen – sofern sich jederzeit flugbereite Piloten dort befinden. Die Zahl der Piloten, nicht die der Maschinen, bereitet der Luftwaffe schon heute Probleme. Auch ist nicht ersichtlich, wie Gygax auf den Einsatzzeitraum von zwei Monaten kommt: Setzt man den Parameter auf einen Monat, reicht die heutige Flotte aus, setzt man ihn auf drei Monate, sind doppelt so viele neue Flugzeuge nötig.

3. Die Korruptionsfreiheits-Lüge

Der Schluss liegt also nahe, dass sich die Rechnung von Gygax nicht an einer Bedarfsanalyse, sondern vielmehr an einer Analyse des politisch Durchsetzbaren orientiert. Wer hat ein Interesse am Kauf der Flugzeuge? Primär sind dies die potenziellen Verkäufer EADS, Saab, Boeing und Dassault. Drei der vier Firmen tun sich bereits als Sponsoren des diesjährigen Treffens der Schweizer Luftwaffenoffiziere hervor.

Dass mit weiteren Zuwendungen an die Entscheidungsträger zu rechnen ist, zeigt ein Blick ins europäische Ausland. Konfrontiert mit dem Vorwurf, in Tschechien beim Verkauf seiner Gripen bestochen zu haben, verteidigte sich der Vorstandsvorsitzende von Saab mit dem Argument, fünf Prozent Provision seien in der Branche normal. Fünf Prozent des Kaufpreises für 33 Kampfjets sind gegen 100 Millionen – mehr, als für Lobbying ausgegeben werden kann, ohne zu bestechen. Das hat sich auch in Österreich bestätigt: Der Kauf der F/A-18 SuperHornet war von fingierten Aufträgen an PR-Firmen, Ausflügen der Entscheidungsträger auf Yachten von Lobbyisten und anderen Unregelmässigkeiten begleitet. Es wäre naiv zu glauben, dass sich ähnliches nicht auch in der Schweiz zutragen könnte. Sollten die Räte die Lügen der Militärs schlucken, wird die GSoA den Flugzeugkauf mit einer Initiative vors Volk bringen.

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