Schweizer Armee bald auf Piratenjagd?

Beteiligt sich die Schweiz an der Jagd auf Piraten vor der Küste Somalias? Diese Frage beantwortet der Nationalrat in der laufenden Session.

In diesen Tagen entscheidet der Nationalrat, ob Schweizer Truppen im Rahmen der EUMission Atalanta zur Bekämpfung von somalischen Piraten entsandt werden sollen. Ob sich die Befürworter oder die Gegner durchsetzen, ist bei Redaktionsschluss der GSoAZitig noch alles andere als klar – die Gegnerschaft dürfte aber in den letzten Wochen grösser geworden sein. Abgelehnt wird der Einsatz seit Beginn der Debatte im Dezember 2008 von den Grünen und der SVP. Die Fraktionsspitze der SP sprach sich zwar bereits früh für den Einsatz aus. Nun mehren sich aber die Zeichen, dass der Widerstand auch innerhalb der SP zunimmt. Gegen 15 SP-NationalrätInnen wollen dem Vernehmen nach gegen den Einsatz stimmen. Es dürfte also eine ganz knappe Entscheidung werden, bei der einige wenige Stimmen den Ausschlag auf die eine oder andere Seite geben werden.

Verstoss gegen das Militärgesetz

Die GSoA lehnt den – ironischerweise von Aussenministerin Micheline Calmy-Rey forcierten – Auslandeinsatz strikt ab. Mehrere juristische Gutachten kommen zum Schluss, dass das geltende Militärgesetz keine genügende Rechtsgrundlage für den Einsatz darstellt. Dieses erlaubt einerseits die Entsendung von Soldaten im Rahmen von Uno-mandatierten Friedensförderungseinsätzen. Die Teilnahme an Kampfhandlungen ist dabei explizit untersagt. Gerade bei der Jagd auf Piraten können diese jedoch kaum vermieden werden. Andererseits können Soldaten im Rahmen eines Assistenzdienstes im Ausland zivile Behörden unterstützen. Diese Einsätze sind aber lediglich für humanitäre Hilfeleistungen vorgesehen und erfolgen in der Regel unbewaffnet.

Die GSoA fordert von der Schweiz, dass sie die sozialen und politischen Ursachen der Piraterie bekämpft und mithilft, stabile gesellschaftliche Strukturen und ein funktionierendes Staatssystem aufzubauen, statt die Militarisierung der Weltmeere voranzutreiben. Da der Einsatz in Form eines einfachen Bundesbeschlusses bewilligt würde, könnte dagegen jedoch kein Referendum ergriffen werden.

Revision vor dem Scheitern

Praktisch gescheitert ist bereits die gleichzeitig mit der Atalanta-Vorlage lancierte Militärgesetzrevision. Keine einzige Partei stimmt der Gesetzesrevision zu. Eine klare Ablehnung der Revision signalisierten im Rahmen der Vernehmlassung die SP, die Grünen und die SVP.

Auch die GSoA lehnt die Gesetzesrevision klar ab, weil sie der Militarisierung der Schweizer Aussenpolitik Tür und Tor öffnet. Laut Gesetzesentwurf dürfte sich die Schweiz an einem Einsatz beteiligen, wenn «mehrere Staaten» oder «eine internationale Organisation» die Schweiz darum ersuchen. Ein Uno-Mandat ist aber keine zwingende Voraus setzung. Zudem soll die Schweizer Armee dann militärisch intervenieren können, wenn es darum geht, den Zugang zu natürlichen Ressourcen zu verteidigen. Und: Auch die «Kanalisierung und Absicherung von Migrationsströmen» gehört zu möglichen Einsatzszenarien. Das von der GSoA angekündigte friedenspolitische Referendum dürfte sich aber erübrigen.

Bei der Operation Atalanta geht es in erster Linie um die Sicherung von Rohstoff-Transportkorridoren. Die Frachter des Welternährungsprogramms – oft als Deckmäntelchen für den Einsatz missbraucht – sind auf ganz anderen Routen unterwegs. (Karte: Google Maps, Daten: Uno / EU NAVOR)