Hilfe oder Geschäft?

Die Solidarität mit der Ukraine nach dem 24. Februar war im Westen so gross wie wohl kaum einmal bei Ausbruch eines Kriegs. Alle wollten helfen und man war sich politisch schnell einig, dass ein Krieg als erste Hilfe Kriegsmaterial benötige. Die in Gang gesetzte Aufrüstung, nicht nur im Kriegsgebiet, scheint schon jetzt Gewinner hervorzubringen. Doch wer profitierte vom Blutvergiessen anderer? Aktuelle Zahlen zeichnen ein recht eindeutiges Bild.

Es ist wohl kaum ein Geheimnis, dass Rüstungsfirmen von Kriegen und Konflikten profitieren. Und auch wenn bei den jährlichen Waffenexporten immer wieder versichert wird, dass man nicht in Kriegsgebiete liefere und die Waffen nur zu Trainings- und Sicherheitszwecken genutzt würden, taucht immer wieder auch Schweizer Kriegsmaterial in Kriegen auf. So wurden zum Beispiel auch letztes Jahr Bomben, Torpedos, Raketen und Flugkö̈rper im Wert von 2,6 Millionen Franken an die Türkei geliefert, welche nun erneut kurdische Gebiete angreift – auch mit Schweizer Waffen?

WAFFEN STATT ERSTE HILFE

Der Ukrainekrieg hat die Waffendiskussion grundlegend verändert, denn in der öffentlichen Wahrnehmung scheint dieser Krieg nicht nur näher als andere Kriege, sondern auch zweifellos besser in ein Schwarz-Weiss-Bild zu passen. Der Westen stellte sich von Anfang an nicht nur geeint hinter die Ukraine, sondern scheinbar auch hinter den Lösungsansatz von Waffenlieferun- gen. So wurden der Ukraine seit Kriegsbeginn bis zum 1. Juli 80.7 Milliarden Euro staatliche Hilfe versprochen. Nur gerade mal 12.9 Milliarden davon war humanitäre Hilfe, während die militärische Hilfe ganze 36.7 Milliarden umfasste. Dies zeigen Erhebungen des Kiel Instituts für Weltwirtschaft.

Doch nicht nur die Kriegsparteien rüsteten auf, sondern auch der Rest von Europa versucht ein Sicherheitsgefühl mit Waffen zu schaffen. Allen voran Deutschland, wo man schon im Mai eine Aufstockung der Bundeswehr um 100 Milliarden diskutierte und im Juni verabschiedete. Die Schweiz zog mit und knüpft das Armeebudget zukünftig an das Bruttoinlandsprodukt (BIP), was in Zeiten von Klimakrise und AHV-Loch absolut absurd ist. Und auch die NATO, angeführt von den USA, plant ihre Kampfkraft mit der Aufstockung der schnellen Eingreiftruppe von 40’000 auf 300’000 Soldaten zu stärken, so der Entscheid am NATO-Gipfel in Madrid.

DIE GEWINNER DES KRIEGES

Die blinde Aufrüstung freut aber nicht nur Militär- und Kriegsfanatiker*innen, sondern vor allem die Rüstungsfirmen. Der amerikanische Rüstungsriese Lockheed Martin verzeichnete nach dem 24. Februar in kürzester Zeit Rekordwerte auf dem Aktienmarkt und auch europäische Firmen waren hoch im Kurs. Wertpapiere des Rüstungsunternehmens Rheinmetall beispielsweise, steigerten ihren Wert nach Ausbruch

des Krieges um weit über 100 Prozent. Dies nicht zuletzt, weil sie potenziell von den 100 Milliarden «Sondervermögen» der deutschen Armee profitieren. Möglich wäre ein Auftrag von schweren Kriegsgeräten in Höhe von 42 Milliarden Euro. Auch Heckler & Koch, ihres Zeichens weltweit führender Hersteller von Handfeuerwaffen, verkündete in der ersten Jahreshälfte einen Mehrgewinn von 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Die Schweiz ist dabei auf mehreren Ebenen beteiligt. Als attraktiver Standort für Rüstungsfirmen kommt ein beträchtlicher Teil der Produkte zur Aufrüstung, beispielsweise von Rheinmetall, aus der Schweiz. Besonders Thun und das Berner Oberland haben eine lange Geschichte der Waffenproduktion und beheimaten im Moment international bekannte Firmen wie die RUAG und das schwedische Unternehmen Saab. Beide Firmen profitieren laut Swissinfo momentan von Aufträgen der NATO-Länder. Auf der anderen Seite fördert die Schweiz den Waffenboom durch ihre eigene Einkaufsliste. Angeführt wird diese vom geplanten Kauf der amerikanischen Tarnkappenbomber F-35, welche nicht nur die Gewinnsträhne von Lockheed Martin massgeblich unterstützen wird, sondern auch den Rest des Armeebudgets in kürzester Zeit verpuffen könnte.

FRUSTRIERENDES FAZIT

«Ein Krieg hat keine Gewinner*innen» – zumindest nicht an der Front. Doch wirtschaftlich gesehen gibt es Profiteur*innen, welche mit dem Tod anderer viel Geld verdienen. Und wenn wir uns schon in anderen Fragen nicht einig werden, dann zumindest bei jener, ob wir dieses System unterstützen wollen.

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