Die «schweizerische» Rüstungsindustrie ist längst ein Mythos – das Geschäft mit dem Krieg hat sich globalisiert. Auch in der Schweiz gehören zwei der vier grössten Waffenschmieden zu transnationalen Konzernen.
In seiner Botschaft zur Kriegsmaterial-Initiative argumentiert der Bundesrat, Waffenausfuhren seien nötig, um eine «rüstungsindustrielle Basis» aufrechtzuerhalten. Im Kriegsfall müsse sich die Schweiz selbst mit Waffen versorgen können, so die Idee. Doch gibt es überhaupt noch eine «einheimische» Rüstungsindustrie?
Seit 2003 gehören die Kreuzlinger Mowag- Werke dem US-Unternehmen General Dynamics. Der fünftgrösste Waffenkonzern der Welt produziert in der Schweiz Radschützenpanzer, welche besonders für die Aufstandsbekämpfung geeignet sind. Die rumänische wie auch die deutschen Armee setzen diese Panzer im Afghanistan-Krieg ein.
Oerlikon Contraves, die frühere Oerlikon Bührle, heisst seit dem 1. Januar «Rheinmetall Air Defence». Der Schweizer Ableger der deutschen Rheinmetall produziert Flugabwehrgeschütze. Momentan werden diese Waffen vor allem in Länder wie Pakistan und Saudi- Arabien verkauft.
Europäische Rüstungsagentur
Die Konzentration der Rüstungsbranche hat zwei Hauptgründe. Einerseits hängt sie mit den Kompensationsgeschäften zusammen. Diese Art von Verträgen führen zu einer Bevorzugung grosser Konzerne. Denn sie können aus ihren diversen Konzernbereichen auswählen, wie sie den Kompensations-Verpflichtungen nachkommen wollen.
Anderseits fördert die Europäische Union die Konsolidierung der Rüstungsindustrie. Die europäische Verteidigungsagentur – früher Rüstungsagentur genannt – hat den Auftrag, die Rüstungsindustrie zu koordinieren und die Konkurrenzfähigkeit auf dem Weltmarkt zu erhöhen. Auch die Zusammenarbeit zwischen den Unternehmen soll gefördert werden. Der Eurofighter ist ein Beispiel für ein solches Gemeinschaftsprodukt. Der bundeseigene Waffenbetrieb Ruag ist in ein weiteres europäisches Rüstungsprojekt eingebunden: Zusammen mit anderen europäischen Firmen entwickelt die Ruag eine Kampfdrohne. Ohne internationale Vernetzung ist es heute schlicht nicht mehr möglich, konkurrenzfähige High-Tech-Produkte herzustellen. Wer trotzdem noch an der Illusion einer autarken Rüstungsindustrie festhält, ist entweder erstaunlich naiv – oder er hält an diesem Märchen fest, um die direkten und indirekten Subventionen für die Rüstungsindustrie, von denen andere Branchen nur träumen können, nicht zu gefährden.