Schmiergelder zahlen, damit ein Lieferverbot aufgehoben wird, das wegen Schmiergeldzahlungen ausgesprochen wurde: So dreist verhalten sich Schweizer Rüstungsfirmen in Indien.
Im Jahr 2009 wollte Rheinmetall Air Defence für 2,5 Milliarden Dollar Luftabwehrgeschütze nach Indien verkaufen. Ein Grossauftrag für die Schweizer Tochter des deutschen Rüstungskonzerns, die bereits unter ihren alten Namen «Oerlikon Contraves» und «Oerlikon Bührle» schon für so manchen handfesten Skandal gesorgt hatte. Wie immer bei solch grossen Rüstungsdeals lag der Verdacht der Korruption auf der Hand. Die indischen Behörden ermittelten und deckten tatsächlich kurz darauf auf, dass Rheinmetall im April 2009 rund 26’000 Euro an den Generaldirektor der indischen Rüstungsbehörde überwiesen hat. Rheinmetall bestreitet bis heute, dass illegale Zahlungen vorgenommen worden seien.
Angst vor der schwarzen Liste
Einen guten Ruf hatte Rheinmetall sowieso nie zu verlieren. Der Korruptionsvorwurf allein hätte das Unternehmen also nicht allzu sehr aus der Fassung gebracht. Es drohte jedoch geschäftliches Ungemach. Rheinmetall sollte für zehn Jahre auf die schwarze Liste des indischen Verteidigungsministeriums kommen. Dies wäre gleichbedeutend mit einem 10-jährigen Lieferverbot nach Indien. Doch ausgerechnet Indien ist einer der am stärksten wachsenden Märkte für Kriegsmaterial-Exporte. Der Platz auf der schwarzen Liste wäre für Rheinmetall also nicht nur peinlich gewesen, nein, er hätte auch die Absatzmöglichkeiten des Unternehmens erheblich eingeschränkt. Das konnte man sich natürlich nicht bieten lassen und deshalb griff man offensichtlich erneut zum guten alten Mittel der Schmiergeldzahlungen.
Kontakt zum Lord of War
Wie das deutsche Nachrichtenmagazin «Spiegel» berichtet, nahm Rheinmetall die Dienste des indischen Rüstungslobbyisten Abhiskek Verma in Anspruch, der seinen Übernamen «Lord of War» sicher nicht zufällig trägt. Diesem wurden satte 530’000 Dollar überwiesen, die er einsetzen sollte, um Rheinmetall von der schwarzen Liste streichen zu lassen. Doch es ging wieder schief und auch die Korruptionsversuche von Verma zugunsten von Rheinmetall flogen auf. Rheinmetall droht nun in Indien wegen Korruption verurteilt zu werden. Der Platz auf der schwarzen Liste ist dann sicher und weitere Exporte nach Indien sind für die nächsten Jahre verbaut.
Ach ja: Rheinmetall behauptet, dass das Unternehmen niemals zu illegalen Mitteln gegriffen habe, um sich gegen die Versetzung auf die schwarze Liste zu wehren. Man bestreitet die Zahlungen an den Lord of War nicht. Gegenüber dem «Spiegel» liess Rheinmetall jedoch verlauten, die 530’000 Dollar seine für «legitime Beratungsleistungen zu konkreten Projekten» bezahlt worden.
SAN Swiss Arms
Wie die NZZ kürzlich berichtete, schlägt sich aktuell noch ein zweites Schweizer Rüstungsunternehmen mit Korruptionsvorwürfen der indischen Behörden herum. Die SAN Swiss Arms soll Bestechungsgelder in Höhe von 270’000 Dollar an indische Beamte bezahlt haben. Dies im Zusammenhang mit dem geplanten Verkauf von Sturmgewehren. Sicher hat auch SAN Swiss Arms ein Konto, von dem sie diese «legitimen Beratungsleistungen zu konkreten Projekten» abbuchen kann.