Eine israelische Kampfdrohne, eingesetzt durch die aserbaidschanische Armee, wurde vergangenen Herbst im Krieg um Berg-Karabach von der armenischen Armee abgeschossen.
Darin enthalten: ein Antriebsmotor aus der Schweiz – legal expor tier t. Legitim ist das keineswegs.
Letzten Sommer eskalierte der über ein Jahrhundert alte Streit zwischen Armenien und Aserbaidschan um die Region Berg-Karabach erneut. Der neu entfachte Krieg forderte auf beiden Seiten mehrere Tausend Tote, rund 100’000 Menschen wurden zur Flucht aus der Region gezwungen. Mit dem Waffenstillstandsabkommen vom 9. November wurde die Niederlage Armeniens besiegelt. Bereits im Oktober zeichnete sich die militärische Unterlegenheit Armeniens ab. Auf der Suche nach Antworten entdeckte Vahe Saruckhanyan, Journalist des armenischen Investigativ- Portals «Hetq» – auf deutsch: Spur – die Überreste einer israelische Harop-Drohne auf einem Trümmerfeld. Die Drohne wurde durch die aserbaidschanische Armee eingesetzt. Bevor sie aber ihren Zweck als auf Befehl explodierende Suizid-Drohne erfüllen konnte, wurde sie durch die armenische Armee abgeschossen. Auf einem Metallzylinder in ihren Überresten prangerten deutlich sichtbar die Worte «swiss made».
INDUSTRIELLES STANDARDPRODUKT
Der Metallzylinder ist ein Antriebsmotor für das Ausklappen der Drohnenflügel. Hergestellt wurde er von der Firma «Faulhaber Minimotor SA» im Tessin. Saruckhanyan wandte sich mit seinem Fund an SRF, worauf sich Radiojournalist Tobias Gasser der Sache annahm. Die Antworten, die er von den beteiligten Akteuren erhielt, sind ernüchternd: Faulhaber beteuerte in einer Stellungnahme, sich immer an die schweizerischen Exportbedingungen zu halten. Dass sie damit richtig liegen, bestätigt das Seco: «Solche elektrischen Antriebe (Elektromotoren) sind von der Güterkontrollgesetzgebung nicht erfasst und können bewilligungsfrei exportiert werden.» Der Motor zählt also weder zum Kriegsmaterial noch zu den Dual-Use-Gütern. Sie sind ein industrielles Standardprodukt und können überallhin kontrollfrei verkauft werden, auch wenn der Empfänger offensichtlich eine Rüstungsfirma ist, wie in diesem Fall die «Israeli Aerospace Industries » (IAI).
ÄNDERUNG DER EXPORTPRAXIS UNABDINGBAR
Eine solche Exportpraxis ist nicht nur diplomatisch problematisch. Es geht nicht nur darum, wie die offizielle Schweiz das «swiss made»-Label auf den Trümmerfeldern eines verlorenen Krieges Armenien erklären will. Diese Exportpraxis ist einmal mehr heuchlerisch und moralisch höchst verwerflich. Will die Schweiz in Zukunft weniger Blut an ihren Händen haben, müssen nicht nur die Exportregeln für Kriegsmaterial und Dual-Use-Güter verschärft werden. Auch bei sogenannt «industriellen Standardprodukten» muss endlich besser hingeschaut werden. Denn wie die eindeutige militärische Anwendung dieser Motoren zeigt, müssten diese Güter mindestens auch als Dual-Use-Gut eingestuft werden.