Ein peruanischer Kleinbauer verklagt den Energiekonzern RWE. Dieser sei mitschuldig, dass sein Dorf bald ausgelöscht werden könnte. Es ist ein Kampf von David gegen Goliath. Dieser Kampf könnte der Auftakt für weitere Klagen sein. Zum Beispiel für Klagen gegen Exporteure von Kriegsmaterial.
Saul Luciano Lliuya ist ein peruanischer Klein-bauer, der in Huaraz lebt. In Huaraz fürchtet man sich wegen einer beschleunigten Gletscherschmelze vor gefährlichen Fluten mit verheerenden Folgen für die Bevölkerung. Dafür macht der Kleinbauer den Klimawandel verantwortlich, an dem auch der Energiekonzern RWE eine Mitschuld trägt. RWE stösst mit seinen Kohlekraftwerken so viel CO2 aus wie kein zweites Unternehmen in Europa. Der Peruaner fordert nun von RWE eine Entschädigung, weil er sich als Opfer des Klimawandels sieht. Die Herausforderung im Fall des peruanischen Kleinbauers liegt darin, zu beweisen, inwieweit der Kausalzusammenhang vom Ausstoss der Treibhausgase durch RWE in Deutschland bis zum Abschmelzen der Gletscher in Peru nachgewiesen werden kann.
Nun durfte der Kleinbauer jedoch einen Zwischenerfolg feiern. Ein deutsches Gericht liess die Klage des peruanischen Bauers zu. Allein schon die Zulassung der Klage ist für den Kleinbauer und seinen Kampf ein wichtiges Signal. Auch wenn damit noch nichts gewonnen ist, sehen Umweltschützer*innen nun die Chance, diesen Fall als Präzedenzfall für weitere Klagen hinzuzuziehen. Die Diskussion, inwieweit Verursacher*innen von Umweltschäden für die negativen Folgen ihres Handelns verantwortlich gemacht werden können, ist damit eröffnet.
WAFFEN SIND DA, UM ZU TÖTEN
Die Diskussion, die im Bereich der Klima-politik stattfindet, ist auch eine grosse Chance im Kontext von Kriegsmaterialexporten. Der Kausalzusammenhang zwischen Verursacher*innen und angerichtetem Schaden ist beim Export von Kriegsmaterial nämlich wesentlich einfacher nachzuweisen. Wenn Rüstungskonzerne ihre Waffen in die Kriege dieser Welt liefern, dann findet das Geschäft zwischen Lieferant*innen und Empfänger*innen immer in der Absicht statt, dass diese Waffen auch gebraucht werden. Der Kausalzusammenhang zwischen Waffenlieferung, dessen Verwendung und Tod liegt somit auf der Hand.
LEGAL TÖTEN
In der Schweiz regelt das Kriegsmaterialgesetz, welche Rüstungsexporte legal sind und welche nicht. Das Problem liegt daran, dass mit diesem Gesetz Kriegsmaterialexporte grundsätzlich legalisiert werden. Nur in bestimmten Situa -tionen sind Exporte nicht zugelassen. Das heisst auch, dass ein nach Kriegsmaterialgesetz «legaler» Waffenexport den Tod von Menschen in-direkt legalisiert. Und hier müsste angesetzt werden. Wenn es gelingt, Rüstungsexporteure für ihre «legalisierten» Exporte und den damit verursachten Tod verantwortlich zu machen, dann würde endlich jene Diskussion geführt, um die es geht: Darf ein Konzern aus Profitinteressen aktiv dazu beitragen, dass mit seinem Produkt nachweislich Menschen getötet werden? Wenn man bei einem Energiekonzern noch argumentieren kann, dass der ursprüngliche Zweck von Energieproduktion in vielerlei Hinsicht dem Menschen dient, dann fällt dieses Argument bei Waffen weg. Waffen haben ihren Ursprungszweck darin, zu töten. Wer argumentiert, dass Waffen den Empfängerländern der Selbstverteidigung dienen und somit «lebenserhaltend» wirken, der müsste konsequenter-weise jede Handlung mit diesen Waffen kontrollieren können. Zudem müsste der Rüstungsexporteur nachweisen können, ob die Interessen vom Empfänger oder der Empfängerin schützenswert sind. Schliesslich kann auch ein Dik-tator argumentieren, dass er seine Waffen nur nutze, um sich und seine Interessen gegenüber Aggressor*innen zu schützen.
Es ist erstaunlich, dass Kriegsmaterialexport immer noch kein Verbrechen ist. Es ist Zeit, dies zu ändern. Es ist Zeit, Exporteure von Kriegsmaterial anzuklagen!