Laut Armee garantieren lärmige Kampfflugzeuge die Souveränität der Schweiz. Doch die betroffene Bevölkerung hat genug.
Kampfjets sind extrem lärmig. Beim Start eines F/A-18 Kampfflugzeuges werden bis zu 125 Dezibel aus 100 Metern Entfernung gemessen. Im Vergleich dazu: an Konzerten wäre dies illegal. Es darf in der Schweiz nämlich nicht lauter als 100 Dezibel werden. Die grösste Lärmbelastung tragen die so genannten Kriegsflugplätze Payerne (Waadt) und Meiringen im Kanton Bern. In Sitten – dem dritten grossen Standort der Luftwaffe – haben sich die AnwohnerInnen in letzter Zeit erfolgreich gegen den gesundheitsschädlichen Lärm gewehrt. Der Lärmgegner-Verband «Association des riverains de l’aéroport de Sion» reichte in Bern eine Petition mit rund 6’000 Unterschriften ein. Dazu lobbyierten sowohl linke wie auch bürgerliche Politiker in Bern gegen die Starts in Sitten. All dies führte dazu, dass dieses Jahr die F/A-18 Jets nur während sieben Wochen starten. Dennoch werden auch in Sitten weiterhin rund 100’000 Menschen vom Lärm betroffen sein. Der Kanton Bern wird dieses Jahr wohl noch mehr Starts ertragen müssen, denn die Armee verlagert den Lärm lieber, als dass sie endlich die umweltschädigenden Starts reduziert. Es erstaunt daher nicht, dass die Volksinitiative «Gegen Kampfjetlärm in Tourismusgebieten» vor allem im Berner Oberland rund um Meiringen viel Sympathie geniesst.
F/A-18 Nachbrenner
Vor allem die F/A-18 Nachbrenner sind für die AnwohnerInnen von Kriegsflugplätzen eine unerträgliche Belastung. Bei Nachbrenner-Starts wird in die ausströmenden Abgase des Triebwerks Kerosin eingespritzt. Dieses entzündet sich und erzeugt damit zusätzlichen Schub und eben auch zusätzliches Dröhnen. Daher ist die Frage nach dem Einsatz und der Anzahl dieser Starts für die betroffene Bevölkerung von grossem Interesse. Die Armee prognostizierte vor der Einführung der F/A-18 für das Jahr 2000 in Meiringen 30 Nachbrennerstarts. Heute sind es jährlich weit über 1’000. Die Armee rechtfertigt ihre Lüge damit, dass der Nachbrenner aus Sicherheitsgründen eingeschaltet werden müsse. Dies habe erst die operationelle Erfahrung nach der Einführung der F/A-18 gezeigt. Erstaunlich, wenn man bedenkt, dass die Armee die Kampfjets einem millionenteuren Evaluationsverfahren unterzogen hatte, bevor sie sich für die F/A-18 entschied.
Der Untergang der Schweiz
Im Militär herrscht generell wenig Sensibilität, was den Umgang mit schädlichen Emissionen angeht. Sobald versucht wird, die rücksichtslose Verlärmung einzuschränken, ist laut Militär schon die Sicherheit der Schweiz in Gefahr. Weniger Schiesslärm gefährde die Schweiz ebenso, wie ruhige Tage in den Alpen. So schreibt das Militär im Vorfeld der Anti-Kampfjetlärm-Initiative, dass bei deren Annahme «die Luftwaffe ihre Aufträge, die Sicherheit des Flugverkehrs zu gewährleisten und die Lufthoheit zu wahren, nicht mehr glaubwürdig wahrnehmen könnte. Dadurch würde die Annahme der Initiative letztlich die Wahrung der Souveränität der Schweiz gefährden.» Doch die GSoA wird sich das Recht herausnehmen, sich auch in Zukunft für mehr Lebensqualität und weniger Lärm einzusetzen. Die einfachste Lösung dazu ist und bleibt die Abschaffung der Armee.
Propaganda
Wie sich das Militär in den Abstimmungskampf einmischt
Der neue Armeechef Nef und die Kaste ranghoher Offizieren mischen kräftig mit im Abstimmungskampf um die Kampfjetlärm-Initiative.
Von Patrick Angele
Die Volksinitiative gegen Kampfjetlärm in Tourismusgebieten, welche vom Umweltschützer Franz Weber eingereicht wurde, wirft hohe Wellen. Land auf, Land ab hängen Plakate. Die Armeespitze ist um ein Abstimmungsergebnis in ihrem Sinne besorgt. Dabei neigt sie zu dramatischer Übertreibung; es gehe «um die Wahrung der Souveränität und Neutralität und die Sicherheit der Schweiz», wie ein hoher Offizier seinen Untergeben im Dezember in einem Brief schrieb (Ausrisse auf dieser Seite).
Unerlaubte Propaganda
Mit seinem Neujahrsbrief empfiehlt der Hauptmann seiner Kompanie die Initiative abzulehnen und sich aktiv in Diskussionen einzumischen. Nach Ansicht der GSoA-Zitig ist dies ganz klar unzulässig: denn politische Propaganda ist laut Artikel 96 des Dienstreglementes verboten.
Doch die Armee geht noch einen Schritt weiter. In Zeughäusern und Retablierungsstellen der Armee liegen Hochglanz-Flyer der «Arbeitsgemeinschaft für eine wirksame und friedenssichernde Milizarmee AWM» auf. Die AWM ist ein Zusammenschluss von «gesamtschweizerisch wirkenden, an militärpolitischen Fragestellungen interessierten Organisationen und Verbänden». Unter den knapp drei Dutzend Mitgliedern befindet sich – neben Offiziersgesellschaften – eine Ansammlung von Gruppierungen der äussersten politischen Rechten. So etwa Ulrichs Schlüers «Schweizerzeit», die «Aargauische Vaterländische Vereinigung», «Pro Libertate» oder die «Genossenschaft Schweizer Soldat». Geschäftsführer dieser AWM ist Andreas Richner. Richner ist zugleich Mitglied der Geschäftleitung von Farner-PR; einer Werbeagentur die in armeepolitischen Themen schon oft Abstimmungskämpfe geführt hat.
Propaganda, Vorgeschmack auf Abstimmungskampf zu anderen Initiativen
Propaganda in Zeughäusern, organisiert durch eine PR-Firma. Offiziere, die ihre Kompanie mit Abstimmungsempfehlungen zudecken. Ein Vorgeschmack auf die kommenden Abstimmungskämpfe zur Kriegsmaterial- und zur Waffeninitiative? Wir sind gespannt.