Leserbriefe

Christoph Lips reagiert auf den Artikel in der letzten Zeitung zu den Antisemitismus-Vorwürfen. W.R. schreibt ein amüsantes Erlebnis aus der RS.

Heizt die GSoA den Antisemitismus an?

«Der Holocaust, ein antisemitisches und kapitalistisches Produkt, wurde und wird eingesetzt, um den Widerstand gegen die Besetzung zu schwächen.» Diese Aussage wurde von der GSoA unwidersprochen publiziert in einem Aufruf zu einem Seminar über den Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern. Darauf Bezug nehmend fragte die Redaktion von «Risse» den GSoA-Sekretär Stefan Luzi ohne Umschweife: «Gibt es für die GSoA auch die Auschwitzkeule?» (Heft 3, November 02) Statt einer vorbehaltlosen Distanzierung von Aussagen, die dem antisemitischen Dunstkreis entlehnt sind, vollführte Stefan Luzi einen Eiertanz, dass es eine einzige Peinlichkeit ist.

Stefan Luzi schoss in einer Replik in der letzten GSoA-Zeitung («Hirnrisse oder Antisemitismus?») aus allen Rohren gegen diese Zeitschrift – und erteilte antisemitischen Ausfälligkeiten einen Blankoscheck: «Wie ich oben beschrieben habe, sind wir unserem Anspruch, in der Auseinandersetzung mit dem Konflikt im Nahen Osten eine differenzierte Haltung einzunehmen, nicht immer gerecht geworden. Ich bin gleichzeitig aber davon überzeugt, dass uns das auch in Zukunft passieren wird, wenn wir uns mit diesem Konflikt beschäftigen (von mir hervorgehoben) – alles andere halte ich aufgrund der komplexen Geschichte des Konfliktes und den nachvollziehbaren Empfindlichkeiten auf beiden Seiten schlicht für illusorisch.» Das will heissen: In der Hitze des Gefechts kann durchaus mal ein Griff in den antisemitischen Giftschrank passieren. Das ist die vollkommene Banalisierung des antisemitischen Gifts. Genau diese Gefahrenzone in linken Kreisen wollte «Risse» auf eine durchaus gewissenhafte Art zum Thema machen.

Die Reaktion von Stefan Luzi schockiert – und bestärkt mein latentes Gefühl, dass sich bei vielen Linken bezüglich Nahostkonflikt eine klaffende Geschichtsignoranz auftut.

Gerade die Linke, die historisch im Kampf gegen den Antisemitismus vollkommen versagt hat, muss sich kritische Fragen gefallen lassen: Wie kann nach all den Erfahrungen das absolut legitime und virulente Sicherheitsbedürfnis der Israelis bagatellisiert werden – nach dem Holocaust, nach den Massenvertreibungen jüdischer Gemeinschaften aus den arabischen Ländern unter Begehung bestialischer Greueltaten – teilweise im Pakt mit Hitler, nach drei Aggressionskriegen durch Ägypten, Jordanien, Syrien und dem Irak gegen Israel mit dem erklärten Ziel der totalen Vernichtung?

Weshalb schweigt man dazu, dass viele PalästinenserInnen in den arabischen Ländern auch noch nach 50 Jahren, mehrheitlich in zweiter oder gar dritter Generation, einem Flüchtlingsstatus mit entsprechenden Einschränkungen, Diskriminierungen und Demütigungen unterliegen?

Wer Israel einfach als «Brückenkopf des Imperialismus» abhandeln will, blendet die gesamte Geschichte aus und muss sich zumindest den Vorwurf gefallen lassen, den antisemitischen Revisionisten einen Dienst zu erweisen.

Von GSoA-Verantwortlichen darf und muss verlangt werden, dass sie im Nahost-Konflikt wirklich die gesamte Dimension im Auge behalten.
Christoph Lips

Stellungsname

Auf meinen oben erwähnten Artikel «Israel, Palästina und die GSoA» (im Internet unter https://gsoa.ch/gsoa/zeitung/106/israel_palaestina_und_die_gsoa/) sind bei der GSoA zahlreiche Reaktionen eingegegangen. Sie waren, mit der Ausnahme des oben stehenden Leserbriefs, ausschliesslich positiv. Vor allem wurde die «Ehrlichkeit, auch zu früheren Vereinfachungen zu stehen» gelobt, die im erwähnten Artikel ihren Ausdruck fand. Wenn Christoph Lips in seinem Leserbrief nun diese Vereinfachungen und verfehlten Formulierungen nochmals anprangert, so tut er dies mit vollem Recht.

Den Vorwurf der Vereinfachung muss sich aber auch Christoph Lips gefallen lassen: Wenn er das von ihm kursiv hervorgehobene Zitat, «als Blankoscheck für den Griff in den antisemitischen Giftschrank» interpretiert, so zeugt dies von einer Lesart, die man als voreingenommen bezeichnen muss: Gemeint habe ich mit der erwähnten Aussage, dass ich es schlicht für unmöglich halte, die von Christoph Lips geforderte «gesamte Dimension des Nahost-Konfliktes» in allen ihren historischen, kulturellen und religiösen Facetten zu überblicken – und dies in einer Weise, die von allen Konfliktparteien als «richtig» und «gerecht» angesehen werden kann.. Aussagen und Stellungnahmen zum Konflikt im Nahen Osten werden daher immer von einer Seite als «fehlerhaft» oder «undifferenziert» kritisiert werden – dafür spricht auch der erwähnte Gegensatz in den Reaktionen auf meinen Artikel.

Eine Ausrede für offensichtliche Vereinfachungen und Fehler darf dieser Sachverhalt aber niemals sein. Vielmehr illustriert er nochmals – und dies war das Anliegen meines Artikels – die Wichtigkeit, «die Aktivitäten der GSoA zum Konflikt im Nahen Osten ständig zu hinterfragen und kritisch zu diskutieren».
Stefan Luzi


Leserbrief aus der RS

Nun bin auch ich an dem Zeitpunkt angelangt an dem die meisten Schweizer in die Rekrutenschule der Armee einrücken müssen. Für mich macht das alles andere als Sinn. Für mich ist Krieg und somit auch die Armee völlig sinnlos. Ich muss zu den Spitalsoldaten. Das ist vielleicht nicht so hart wie bei anderen Truppen, aber es ist und bleibt die Armee.

Das bisher «beste» Erlebnis hatte ich, als wir eine Inspektion beim Einheitsinstruktor, dem Major, hatten. Es wurde befohlen im Tenue Sport zu erscheinen. Mein T-Shirt ist ein GSoA-T-Shirt mit dem Aufdruck «If war is the answer, the question must be fucking stupid». Nach der Inspektion teilte mir der Major mit, dass dieses T-Shirt hier nichts zu suchen hat und ich es umziehen muss.

Aber wenn Krieg die Antwort ist, muss die Frage wirklich verdammt dumm sein. Ich glaube, die Frage lautet: «ARMEE?» Denn diese Frage ist wirklich sehr dumm…

Von Rekrut W. R.

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