Öl ins Feuer giessen

Der Bundesrat will den Export von Kleinwaffen nach Saudi-Arabien erlauben, obwohl dort die Menschenrechte mit Füssen getreten werden.

Der Terrorismus blüht und unterdrückte innere und äussere Konflikte könnten jederzeit wieder aufbrechen. Der geplante Export ist ein mehr als fragwürdiges Geschäft.

Laut Amnesty International ist die Situation in Saudi-Arabien von schweren Menschenrechtsverletzungen geprägt und erfuhr im vergangenen Jahr eine weitere Verschlechterung. Wer Kritik an der Regierung übt, riskiert Gefängnis. Folter und Misshandlungen in Haft sind an der Tagesordnung, genauso wie die Prügelstrafe. Auch die Bestrafung durch Amputation von Gliedmassen ist Realität. Es werden viele Todesurteile ausgesprochen und vollzogen, oft in Form von öffentlichen Enthauptungen. Die meisten der Hingerichteten sind Gastarbeiter, insbesondere aus Südostasien. Frauen dürfen sich in der Öffentlichkeit nicht frei bewegen. Religiöse und ethnische Minderheiten werden gewaltsam unterdrückt.

Ein Pulverfass…

Eine ganze Reihe von inneren und äusseren Konflikten drohen zu eskalieren: Die Hijazis, welche an der Grenze zum Jemen leben, sehen sich als eigenständiges Volk und lehnen sich gegen das Königshaus auf. Dies führte zu Spannungen mit dem Nachbarland, welche vorläufig im Bau einer kilometerlangen Mauer entlang der Grenze zum Jemen gipfelten.Der Verlauf der Grenze ist schon lange umstritten. Schon mehrmals kam es deswegen zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Saudi-Arabien und Jemen.

Durch die Ereignisse im Irak ermutigt, fordert nun auch die schiitische Minderheit in Saudi-Arabien wieder ihre Freiheit ein. Schon in den vergangenen Jahrzehnten war es aus diesem Grunde regelmässig zu blutigen Auseinandersetzungen gekommen. So konnten die Sicherheitskräfte die gewalttätigen Demonstrationen radikal-schiitischer Pilger in Mekka 1979 und 1987 nur unter erheblichen Schwierigkeiten unter Kontrolle bringen. Selbst die territoriale Integrität Saudi-Arabiens wird mittlerweile von vielen Schiiten in Frage gestellt.

Ein Grossteil der Bevölkerung hegt enormen Zorn gegen das Königshaus. Dass die Saudis ihren Protest aber nicht auf friedliche Weise äussern können, dürfte eine Ursache dafür sein, dass radikale Gruppen breite Unterstützung geniessen. Nicht durch Zufall stammen viele der bekannten «Topterroristen» von der arabischen Halbinsel. Auch unter den Sicherheitskräften und in der Armee nehmen fundamentalistische Ansichten zu. Zum Schutz vor den eigenen Militärs unterhält der König deshalb eine mehrere Tausend Mann starke Leibgarde. Erstmals sprachen dieses Jahr führende saudische Persönlichkeiten von der Gefahr eines Bürgerkrieges.

… welches die Schweiz wacker mitfüllt

In der Rangliste der wichtigsten Waffenlieferanten nach Saudi-Arabien belegt die Schweiz einen der vordersten Plätze. Nur die USA und Grossbritannien exportierten in den letzten zehn Jahren mehr Rüstungsgüter ins arabische Königreich. Unter anderem lieferte die hiesige Industrie 100 Luftüberwachungssysteme von der Oerlikon Contraves, 45 Trainingsflugzeuge der Stanser Pilatuswerk und mehr als 1’100 in Lizenz der Kreuzlinger MOWAG gefertigte Piranha-Radschützenpanzer. Der Wert dieser Exporte liegt bei mehr als einer halben Milliarde US-Doller. Angeblich interessiert sich die saudische Armee auch für die verbesserten Kanonenrohre der RUAG für M60-Panzer, wie sie das jordanische Militär bereits besitzt. Bisher wurden die Bewilligungen für die Waffenausfuhren bedenkenlos erteilt, obwohl laut Kriegsmaterialverordnung bei der Bewilligung von Waffenlieferungen die Respektierung der Menschenrechte ausdrücklich zu berücksichtigen ist.

Als Ende März der Bundesrat jedoch die Lieferung von Faust- und Handfeuerwaffen im Wert von mehreren Millionen ans saudische Innenministerium bewilligte, löste das breite Kritik aus. Selbst das EDA äusserte Befürchtungen, dass die Waffen für die brutale Repression im Innern verwendet würden. Motionen im National- und Ständerat fordern den Bundesrat nun auf, seine Bewilligung zurückzuziehen, so dass die Exporte nach Saudi-Arabien in der Herbstsession ein Thema sein werden.

Ein weiteres Postulat wurde vom Nationalrat und GSoA-Koordinationssmitglied Josef Lang eingereicht. Es verlangt, sämtliche Waffenexporte in die Länder des Nahen Ostens zu unterbinden, bis sich die dortigen Konflikte beruhigt haben. Die Chancen, dass das Postulats gutgeheissen wird, gelten als gut. Denn bis weit ins bürgerliche Lager hat sich – zumindest vorläufig – die Ansicht durchgesetzt, dass Kriegsmaterial in den Nahen Osten zu liefern nichts anderes ist, als weiter Öl ins Feuer zu giessen.