Privatisierung öffentlicher Aufgaben

Gegengeschäfte werden von Armee- und Wirtschaftsseite immer wieder als ökonomisches Wundermittel für die Schweizer Rüstungsindustrie angepriesen. Doch in Realität ist es ein grosses Subventionskonstrukt für die Privatisierung öffentlicher Gelder.

Gerade im Zusammenhang mit Kampfjetkäufen wird das ökonomische Wunder Offset immer wieder von der Industrie ins Spiel gebracht. Mit einer einfachen Rechnung: Kaufe Kampfjets für sechs Milliarden – erhalte sechs Milliarden an Offset für deine (Rüstungs-)Industrie. Eigentlich sind die Rüstungsgüter also gratis zu haben (Ironie aus…) und nur Mittel zum Zweck der Industriesubvention, natürlich mit zehn oder 20 Prozent Aufschlag auf den Kaufpreis. Natürlich nur im Rüstungsbereich, denn überall sonst ist diese Art der Geschäfte gemäss WTO illegal, weil nicht mit dem Frei-handel vereinbar. Nachdem jahrzehntelang immer mindestens 100 Prozent Kompensation für Kampfjets verlangt wurden (Österreich verlangte für den Kauf der Eurofighter sogar 200 Prozent, irgendwo mussten die geflossenen Schmiergelder ja versteckt werden), hat sich das Schweizer Parlament im Nachgang zum Bundesrat für nur noch 60 Prozent Kompensation beim Kauf der F-35 ausgesprochen. Ein schlechtes Geschäft könnte man denken – wenn denn diese Offset-Geschäfte wirklich erfüllen würden, was die Industrie verspricht.

BRIEFKASTENFIRMEN

Die Adresse liest sich wie eine klassische Briefkastenfirma – ASIPRO c/o F. Fischer AG, 6234 Triengen. Doch sie prangt als Geschäftspartner auf einer im April 2021 veröffentlichten Vereinbarung zwischen dem Bundesamt für Rüstung, armasuisse, und eben jenem Verein über die Organisation und Abwicklung der Off-set-Geschäfte. Den Verein präsidieren Mitglieder von Swissmem und deren westschweizer Pendant GRPM. Er ist zuständig für den Betrieb des Offset-Büros in Bern, welches für die Umsetzung der Gegengeschäfte verantwortlich ist. 

Von der Industrie wird der Verein als gutes Beispiel von PPP, sogenannter Public-Private Partnership, gelobt und als Vorzeigeobjekt präsentiert. Anders ausgedrückt: der Staat gibt Aufgaben ab, Private dürfen Gewinne machen. Der Verein finanziert sich über ein Promille des bewilligten Offset-Volumens, hat also ein Interesse daran, dass möglichst viele Geschäfte bewilligt werden. Immerhin: Büromaterial und IT-Infrastruktur darf armasuisse gemäss der Vereinbarung zur Verfügung stellen. Die grosse Frage bleibt: Wieso überhaupt lagert armasuisse die Kontrolle und Abwicklung dieser Geschäfte aus – insbesondere an die Industrie, die davon profitiert? 

ETWAS MEHR TRANSPARENZ

Das nun neu geführte und veröffentliche Offset-Register nennt immerhin seit dem 01.04.2018 Firmennamen der profitierenden Firmen. Natürlich ohne genauere Beträge oder Prozente des Anteils der Aufträge, die die ein-zelnen Firmen erhalten. Einzig die prozentuale Verteilung auf die Landesteile wird genannt. Sieht man sich die Firmenlisten genauer an, fällt auf, dass immer wieder Tochterunternehmen der Offset-verpflichteten Lieferanten als Schweizer Begünstigte auftauchen. Am auffälligsten ist dies beim französischen Rüstungs-konzern Thales: Beispielsweise profitieren bei den Kompensationsgeschäften für das Luftraumüberwachungssystem Florako die bei-den Schweizerischen Tochterunternehmen Thales Rail Signalling Solutions AG sowie die Thales Swiss SA in Zürich. Auch bei den Waffenstationen Protector M151 der norwegischen Rüstungsfirma Kongsberg ist die Kongsberg Defence Switzerland AG in Thun eine von nur vier in der Deutschschweiz profitierenden Firmen. Es lohnt sich für jede ausländische Rüstungsfirma, eine kleine Schweizer Niederlassung zu haben, da lässt sich wohl das ein oder andere Geschäft zusätzlich tätigen und dabei vielleicht sogar noch in der Heimat Steuern sparen. Von den Gegengeschäften profitiert also zu grossen Teilen die globale Rüstungsindustrie – und da lohnt es sich doch zu sparen.

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