Für jene, die sich für den Schweizer Rüstungssektor und sein (nicht) Funktionieren interessieren, war August ein informationsreicher Monat.
Nachdem am 7. August die ehemalige Ruag-Chefin das Unternehmen verliess, erfasste eine Welle von Enthüllungen die Schweiz. Dabei kam auch die katastrophale Führung der Ruag ans Tageslicht.
Man erfuhr also, dass die deutsche Rheinmetall AG sich an die Ruag gewandt und ihre Absicht kundgetan hatte, 96 Leopard 2 Panzer zu kaufen, um sie anschliessend an die Ukraine zu liefern. Die Ruag entschloss sich also, diese Transaktion weiterzuverfolgen, obschon es ihr das SECO verboten hatte. Ruag behauptete dann Deutschland gegenüber, dass das Geschäft abgewickelt werden könne und machte weitere Schritte in diese Richtung. Es ging soweit, dass Rheinmetall einen Vertrag mit den Niederlanden aufsetzte, die wiederum die Aufgabe hatten, die Panzer in die Ukraine zu transportieren. Doch die Erlaubnis seitens der Schweizer Regierung, auf der dieses Geschäft beruhte, hatte es nie gegeben. So übten Deutschland und die Niederlanden starken Druck auf den Bundesrat aus, mit dem Ziel, den Verkauf doch zu ermöglichen – was dann glücklicherweise nicht geschah.
Die zu 100% dem Bund gehörende und auf Rüstung spezialisierte Ruag hat also wissentlich versucht, die Regulierungen zur Kriegsmaterialausfuhr zu ignorieren und somit Partner hinters Licht zu führen, was eine diplomatische Krise zur Folge hatte. Es ist umso beunruhigender, dass dieser Disziplinmangel von der Ruag kommt, einem Unternehmen, das auf Rüstungsgüter spezialisiert ist und dass das zu einer diplomatischen Krise führte.
Der Höhepunkt dieser lächerlichen Geschichte kommt jedoch erst noch: Es stellte sich heraus, dass 25 der besagten Panzer zuvor bereits einem anderen deutschen Unternehmen, der GLS, verkauft worden waren, und zwar für 500 Franken pro Stück, nachdem man sie 2016 für 45’000 Franken pro Stück von Italien gekauft hatte. Die Ruag hat also versucht, die gleichen Panzer an zwei verschiedene Unternehmen zu verkaufen, wobei sie bei einem der Kunden nur einen Bruchteil der Ankaufssumme verlangte. Zum krönenden Abschluss erfuhr man wenig später, dass im Zusammenhang mit diesen Panzern ein Strafverfahren wegen Korruption gegen einen der Mitarbeiter von GLS läuft.
Inkompetenz, Korruption, Verlust von Millionen von Franken, Verletzung der Neutralität: Gegen die Ruag werden schwere Vorwürfe laut. Nirgends sonst würde man so eine Geschichte dulden, und auch in diesem Fall sollte sie nicht geduldet werden. Die Kündigung der ehemaligen Chefin Brigitte Beck reicht dabei nicht. Allem Anschein nach ist die Ruag völlig ausser Kontrolle geraten und will sich nicht mehr den Gesetzen unterwerfen. Dieses Risiko dürfen wir nicht auf die leichte Schulter nehmen.
Doch das Ganze geht über die Ruag hinaus. Es stellt sich die Frage, inwiefern das VBS in diese Geschäfte verwickelt war. Denn in Anbetracht der engen Verbindungen, die das Departement und die Ruag pflegen, ist es doch erstaunlich, dass Viola Amherd nicht von alledem gewusst haben soll. So ist es auch unklar, was für das Verteidigungsdepartement schlimmer wäre: Ein Mangel an Kontrolle über ein strategisch wichtiges Unternehmen oder die Verwicklung in den Skandal. Eines ist sicher: Damit die Ruag die Schweiz in Zukunft nie wieder so blossstellen kann, muss die Ruag gänzlich auf ihre Rüstungssparte verzichten und sich in Zukunft nur noch auf den zivilen Teil konzentrieren.