In Grossbritannien gerät die Regierung unter Beschuss, weil sie die Untersuchungen zu einem Waffengeschäft eingestellt hat, das offensichtlich durch Bestechung zustande kam. Es ist davon auszugehen, dass sich die Praktiken schweizerischer Unternehmen nicht gross von denen in England unterscheiden.
Am 15. Dezember des vergangenen Jahres hat die britische Regierung entschieden, die Untersuchungen über den sogenannten Al Yamamah-Deal «aus Gründen der nationalen Sicherheit» einzustellen. Dieses Geschäft zwischen dem saudischen Königreich und der englischen Rüstungsfirma BAE Systems umfasste die Lieferung und Wartung von Kampfjets im Wert von unglaublichen 84 Milliarden Dollar. (Zum Vergleich: Das ist etwa doppelt soviel wie die Eidgenossenschaft pro Jahr insgesamt ausgibt.) Nach rund zwei Jahren Nachforschungen waren Scotland Yard und das «Serious Fraud Office» zur Einsicht gelangt, dass bei der Einfädlung des Deals massive Schmiergeldzahlungen geflossen sind. Teilweise wurden die Gelder auf Genfer Bankkonten überwiesen, einen anderen Teil liess BAE den saudischen Waffenkäufern angeblich in Form von Prostituierten-Diensten zukommen.
Das schmutzige Business
Die Untersuchungsergebnisse sind an sich schon Aufsehen erregend. Noch brisanter werden sie, da momentan über ein weiteres Geschäft von ähnlichem Umfang verhandelt wird. Der Entscheid von Tony Blair, den Generalstaatsanwalt zurückzubinden, dient in erster Linie dazu, diesen neuen Deal nicht zu gefährden.
Die Enthüllungen in England sind jedoch bloss die Spitze des Eisbergs. In keiner anderen Branche ist Korruption so verbreitet wie im Rüstungsgeschäft. Traditionell laufen die Käufe von Kriegsmaterial im Dunkeln ab, und die Militärbudgets sind grundsätzlich nicht transparent. Das lässt viel Platz für lusche Praktiken. Kommt hinzu, dass der Waffenhandel als einziger Sektor von den WTO-Regeln über das öffentliche Beschaffungswesen ausgenommen ist.
Und die Schweiz?
Auch Schweizer Rüstungsunternehmen sind vor Korruption nicht gefeit. Und ebenso wenig wie in Grossbritannien werden sie dafür zur Rechenschaft gezogen. 2004 enthüllte ein Ruag-Angestellter einen Bestechungsskandal beim Verkauf von Armeefahrzeugen. Aber anstatt dass die Geschäftspraktiken der Ruag untersucht worden wären, wurde ein Verfahren gegen den Informanten eröffnet – wegen Verrat von Geschäftsgeheimnissen.
Zudem exportieren Schweizer Firmen im grossen Stil Waffen in Länder, welche dafür bekannt sind, dass die Behörden empfänglich für Schmiergeldzahlungen sind. Gerade im Dezember bewilligte der Bundesrat wieder Kriegsmaterial-Lieferungen im Umfang von knapp 400 Millionen Franken nach Saudi-Arabien. Ebenfalls zu reden gab im vergangenen Jahr der Export eines Pilatus-Militärflugzeuges in den Tschad. Nicht nur aus humanitärer Sicht ist dieser Deal äusserst bedenklich. Tschad ist laut der Rangliste von Transparency International das korrupteste Land der Welt. Obwohl bisher keine konkreten Beweise bekannt wurden: Es muss davon ausgegangen werden, dass auch bei diesem Geschäft nicht alles mit rechten Dingen vonstatten ging. Generell wird in der Schweiz dem Aspekt der möglichen Korruption bei der Bewilligung von Rüstungsausfuhren überhaupt keine Beachtung geschenkt. Dies wäre jedoch dringend nötig. Denn nicht nur untergräbt Bestechung die Rechtsstaatlichkeit der Empfängerländer von Waffenlieferungen, auch werden damit in unserem Land Betriebe am Leben erhalten, welche auf dem freien Markt nicht konkurrenzfähig wären.