In Brasilien werden pro Stunde sieben Menschen ermordet – die meisten von ihnen durch Schusswaffen. Ausgerechnet in diesem Land will die RUAG-Tochter Ammotec nun eine Munitionsfirma bauen.
Vier Kugeln haben die 38-jährige Marielle Franco, Stadträtin in Rio de Janeiro, im März gezielt zum Schweigen gebracht. Ihre Kritik galt der zunehmenden Polizeigewalt und dem Einsatz der Armee in den Favelas. Ihre Ermordung erschütterte das Land. Mit Grosskundgebungen solidarisiert sich die brasilianische Bevölkerung mit der Lokalpolitikerin und protestiert gegen die unvergleichliche Gewalt
spirale, die das Land seit Jahren in Atem hält. Alleine im letzten Jahr wurden in Brasilien 61’000 Menschen ermordet. In den meisten Fällen mit Schusswaffen. Bei einigen Morden stammte die Munition aus Beständen der Behörden, so auch bei Marielle. Laut dem Minister für öffentliche Sicherheit wurden wegen solcher Entwendungen während der letzten 13 Jahre über 50 Ermittlungsverfahren eröffnet.
Korruption
Offensichtlich läuft einiges aus dem Ruder im südamerikanischen Grossstaat. Immer mehr Korruptionsskandale bis in die höchsten Ränge der Behörden und der Politik werden bekannt. Gewalt wird mit Gewalt bekämpft. Anstatt das
Waffengesetz zu verschärfen, wird mit Vorstössen im Parlament die Legalisierung des Besitzes sowie des freien Tragens von Waffen gefordert. Ausgerechnet in Brasilien will die RUAG jetzt eine Fabrik bauen – notabene dieselbe RUAG, die selbst gerade mit Korruptionsskandalen in Russland, Ungarn und den USA zu kämpfen hat. In Brasilien will sie Kleinkalibermunition produzieren. Hauptkunden sollen Militär und Behörden sein. Jene Behörden, die sich ihre Munitionsbestände klauen lassen oder weiterverkaufen und die in Rios Favelas mit selbsternannten Milizen kooperieren. Jene Militärpolizei, die Marielle Franco wenige Tage vor ihrem Tod für die Hinrichtung von drei Menschen angeklagt hatte. Die Frage liegt auf der Hand: Was genau will die RUAG in Brasilien, ausser skrupellos Profit aus dieser Situation zu schlagen?