Unrein-Metall: Schmutzige Geschäfte und der feige Bundesrat

Es ist kaum überraschend, dass die Schweiz immer wieder in Rüstungsgeschäfte mit zwielichtigen Partner*innen involviert ist: Die rechtlichen Grundlagen für eine konsequente und geradlinige Politik sind schlicht zu löchrig. Und doch überrascht es, wenn der Bundesrat erklärt, was wir alle befürchten.

Als der Westdeutsche Rundfunk im März seine Recherchen veröffentlichte, war niemand überrascht: Dokumente zeigen, dass der deutsche Rüstungskonzern «Rheinmetall» auch nach der Krim-Invasion 2014 noch massive Kriegsmaterial-Lieferungen an die russischen «Oboronservice AG» geplant hatte. Weil diese Deals gestoppt wurden, klagte die deutsche Firma damals auf Schadensersatz in der perversen Höhe von 130 Millionen Euro – die Klage scheiterte, doch Rheinmetall hielt daran fest, dass ein geplantes Übungszentrum noch 2014 gebaut werden soll. Nicht 24 Stunden nach der Annexion der Krim-Halbinsel durch Russland forderte das Unternehmen, dass das Übungszentrum für die russischen Truppen weiterhin gebaut wird. Noch im selben Jahr hätte das Zentrum mit einer Ausbildungskapazität von 30’000 Soldaten pro Jahr in Betrieb genommen werden sollen. Solche Absurditäten muss man zuerst mal sacken lassen.

Die Recherchen riefen Marionna Schlatter, Nationalrätin der GRÜNEN Zürich, auf den Plan: In ihrer Interpellation (24.3312) erkannte sie richtig, dass die Rheinmetall Air Defence AG einen zentralen Produktionsstandort in Zürich besitzt. Sie stellte deshalb dem Bundesrat zwei essentielle Fragen: Wieso taucht die Oboronservices AG nicht auf Schweizer Sanktionslisten auf? Bewilligt der Bundesrat Ausfuhrgesuche für Unternehmen, auch wenn diese mit Ländern zusammenarbeiten, welche völkerrechtswidrige Angriffskriege beginnen? Die Antworten unserer Landesregierung lassen das Blut in meinen Adern gefrieren.

Das Fazit zu Frage 1: «Das Embargogesetz bietet keine Rechtsgrundlage für den Erlass von eigenständigen Sanktionen durch die Schweiz», und weil die Oboronservices AG nicht von der EU sanktioniert wird, gäbe es keine Möglichkeit, diese Firma eigenständig zu sanktionieren. Man lasse sich diese Aussage nochmals auf der Zunge zergehen: Einer der staatlichen Rüstungskonzerne Russlands wird von der Schweiz nicht sanktioniert, weil er nicht auf Sanktionslisten der EU, der UNO oder der OSZE erscheint.

So beschämend und absurd diese Aussage sein mag, so ist die Antwort auf Frage 2 fast haarsträubender: Zwar erklärt der Bundesrat, dass die Ausfuhr von Kriegsmaterial und besonderen militärischen Gütern seit 2014 nicht mehr zulässig sei, doch: «Zulieferungen vor dem 27. August 2014 von Gütern aus der Schweiz […] können nicht ausgeschlossen werden». Bei der Beurteilung solcher Ausfuhrgesuchen würden die «einschlägigen Kriterien der Kriegsmaterial-, Güterkontroll- und Embargogesetzgebung» berücksichtigt. Das Kriegsmaterialgesetz hält dazu fest, dass «das Verhalten des Bestimmungslandes gegenüber der Staatengemeinschaft, namentlich hinsichtlich der Einhaltung des Völkerrechts» relevant sei. Ein Blick in die Statistik zeigt jedoch: Dieser Gummiparagraph scheint nicht das erwünschte Ziel zu haben. Selbst im Jahr 2014, sprich im Jahr, in dem Putin die Krim einnahm, erteilte die Schweiz noch immer Exportbewilligungen für sage und schreibe 91 Millionen Schweizerfranken. Dazu gehört namentlich eine halbe Million Franken an Hand- und Faustfeuerwaffen. Man stelle sich vor, wozu diese eingesetzt wurden.

Während ein überparteiliches Komitee im Manifest «Neutralität 21» fordert, dass das «restriktive Kriegsmaterialgesetz» gelockert werden soll, müssen wir als GSoA eine dediziert gegensätzliche Position einnehmen: Die Zahlen zeigen, dass selbst dann, wenn ein Land einen völkerrechtswidriger Angriff offensichtlich vorbereitet – und wer behauptet, dass dies im Falle Russlands 2014 nicht der Fall war, verschliesst vor der Realität die Augen – die Eidgenossenschaft kein Problem darin sieht, diesem Staat munter Kriegsmaterial zu verkaufen. Was wir benötigen, ist keine laschere Gesetzgebung, um Kriegsmaterial auch in die Ukraine verschiffen zu dürfen. Um es in den Worten von Michail Gorbatschow auszudrücken: Die Schweiz bedarf Glasnost. Wir dürfen uns nicht weiter auf der Geldsackneutralität ausruhen und dabei zusehen, wie Kriegsmaterial aus der Schweiz einen Völkerrechtsfeind wie Putin aufrüstet. Wir müssen unsere Ressourcen dafür einsetzen Kriegsgeschäfte mit Putin und Konsorten aufzuspüren und zu verbieten. Und wir müssen mit mutigen Schritten vorangehen, denn: Die Geschichte wird uns auf die Finger schauen.

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