Unterbestand im Zivilschutz: Schuld ist die Armee, richten soll es der Zivildienst

Es geht weiter mit den Angriffen auf den Zivildienst. Dieses Mal kommt der Vorschlag nicht aus dem Parlament, sondern vom Bundesrat. Zivildienstleistende sollen künftig gezwungen werden können, das Bestandsproblem des Zivilschutzes auszubaden. Das Zynische: Die Armee selbst ist hauptverantwortlich für ebendiesen Unterbestand.

Wir sprachen in der letzten Ausgabe bereits von Angriffen auf den Zivildienst. Dieser soll mit dem Zivilschutz fusioniert werden, so eine Forderung. Glücklicherweise steht der Bundesrat dieser Motion ablehnen gegenüber. Jedoch ist Bundesrat keineswegs gegen eine den Zivildienst schwächende Annäherung an den Zivilschutz. Bis Anfang Mai befand sich eine Gesetzesänderung in der Vernehmlassung, welche Zivildienstleistende zu Einsätzen im Zivilschutz zwingen können soll. Ausserdem sollen Armeeangehörige, die nach absolvierter Rekrutenschule untauglich werden, schutzdienstpflichtig werden. Damit soll das Bestandsproblem im Zivilschutz gelöst werden. Das Bestandsproblem ist jedoch vielmehr ein Verteilungsproblem, weil der Zivilschutz kantonal organisiert ist. Der Bundesrat lehnt es aber in derselben Botschaft ab, Einteilungen von Schutzdienstleistenden ausserhalb ihrer Wohn- oder Nachbarkantone vorzunehmen, obwohl damit ein erheblicher Teil dieses Problems gelöst werden könnte.

Stattdessen soll einmal mehr der Zivildienst herhalten. Grundsätzlich wäre es ja gar keine schlechte Idee, Zivilschutzorganisationen als Einsatzbetriebe für den Zivildienst zu öffnen. Der Bundesrat will jedoch Zivildienstleistende zwingen, ihren Einsatz zu einem vorgegebenen Zeitpunkt im Zivilschutz zu leisten und somit sowohl den Zivis wie auch den Einsatzbetrieben ihre Planungssicherheit nehmen.

Gleichzeitig haben wir aktuell eine Armee, die einen widerrechtlichen Überbestand hat. Eine Armee, deren unfreiwillige Angehörige tagelang herumsitzen, warten und sich diversen Beschäftigungstherapien unterziehen müssen, weil sie schlicht zu wenig zu tun haben. Wieso setzt man nicht dort zuerst an? Wieso muss der Zivildienst herhalten, der täglich für die Gesellschaft wertvolle Arbeit leistet? Kommt hinzu – und das sagt sogar das VBS selbst – dass Hauptverursacherin für den Unterbestand im Zivilschutz die Armee selbst ist. Durch die «differenzierte Tauglichkeit», die 2015 eingeführt wurde, sind deutlich mehr Personen militärdiensttauglich, die vor dieser Änderung noch dem Zivilschutz zugeteilt worden wären. Es wäre also nur schlüssig, dementsprechend das Problem dort anzugehen, wo es entstanden ist, anstatt Zivildienstleistende mittels Zwang einzuberufen, um es auszubaden.