Vision eines freiwilligen Zivildienstes

Am 29. April veranstaltete die GSoA im Rahmen des 1.Mai-Festes in Zürich eine Podiumsdiskussion unter dem Titel «Allgemeine Dienstpflicht vs. freiwilliger Zivildienst». Auf dem Podium diskutierten Alec von Graffenried, Katharina Prelicz-Huber, Miguel Garcia und Nikolai Prawdzic.

Bei der Unterschriftensammlung für die Initiative «Ja zur Aufhebung der Wehrpflicht» war eines der wiederkehrenden Gegenargumente, dass die Schweiz eine allgemeine Dienstpflicht benötige, die alle BürgerInnen in die Pflicht nimmt. Selbst bei MilitärpflichtgegnerInnen war dieses Argument teilweise zu vernehmen, weshalb wir uns dazu entschlossen haben, das Thema in Form eines Podiums zu diskutieren.

Alec von Graffenried, Nationalrat der Grünen Bern, befürwortet eine allgemeine Dienstpflicht, weil er befürchtet, dass nach einer Aufhebung der Wehrpflicht nur noch wenige einen Dienst leisten würden. Miguel Garcia von Civiva, dem Verband für Zivildienstleistende, teilte diese Befürchtung nicht. Er konstatierte, dass die Zivildienstleistenden über eine hohe Eigenmotivation verfügen. GSoA-Sekretär Nikolai Prawdzic ergänzt, dass in der Schweiz sehr viele Menschen freiwillig unbezahlte Arbeit leisten, was darauf schliessen lasse, dass es auch in Zukunft genügend Leute geben wird, die sich engagieren wollen. Natürlich unter der Voraussetzung, dass sie einen Sinn in der Arbeit sehen, der vor allem beim Militärdienst vermisst wird. Dazu kommt, dass ein freiwilliger Zivildienst durch den Erwerbsersatz entlöhnt wird, der zumindest die Lebenskosten deckt.

Alec von Graffenried gab daraufhin zu bedenken, dass die Anzahl Freiwilliger in den letzten Jahren stetig gesunken ist. VPOD-Präsidentin Katharina Prelicz-Huber konterte, dass dieser Rücklauf weniger auf die fehlende Motivation zurückzuführen sei als auf die Situation auf dem Arbeitsmarkt. Den Menschen fehle schlichtweg die Zeit und Energie, um neben der alltäglichen Erwerbsarbeit noch freiwillig engagiert zu sein. Die einen haben keine Arbeit, die anderen arbeiten bis zu Erschöpfung. Eine Dienstpflicht würde die letzteren nur noch mehr unter Druck setzen. Eine generelle Arbeitszeitreduktion würde dazu führen, dass es mehr Raum gäbe, um freiwillig tätig zu sein.

Dienstpflicht als Schmelztiegel?
Ein weiteres Argument, das Alec von Graffenried für eine allgemeine Dienstpflicht vorbrachte, fokussierte auf die Dienstpflicht als Schmelztiegel, der Menschen unterschiedlicher Hintergründe zusammenbringe. Nikolai Prawdzic entgegnete, dass bereits heute, wo es für die Männer eine Dienstpflicht gibt, nur zwei Drittel diese auch wahrnehmen. Es sei festzustellen, dass vor allem Männer aus der Stadt die Dienstpflicht umgingen. Die Rekrutenschule als Meltingpot gibt es schon lange nicht mehr. Zudem sind Frauen von der Dienstpflicht ausgenommen und niemand würde wohl behaupten, dass Frauen weniger gut in unsere Gesellschaft integriert seien als Männer.

Vor einiger Zeit stand auch die Forderung von Ueli Maurer im Raum, die Dienstpflicht auf Frauen auszuweiten. Besonders weil Frauen heute immer noch den grössten Teil der unbezahlten Arbeit leisten, fand Katharina Prelicz-Huber diesen Vorschlag eine Frechheit. Auch wäre dieser kaum umsetzbar. Miguel Garcia stellte fest, dass es nicht immer einfach sei, arbeitsmarktneutrale Einsatzstellen zu finden. Arbeitsmarktneutral bedeutet, dass der Einsatz den Arbeitsmarkt nicht beeinflussen darf. Bereits der Anstieg der Zivildienstleistenden durch die Abschaffung der Gewissensprüfung habe diesbezüglich zu Engpässen geführt.

Fazit
Zum jetzigen Zeitpunkt ist es vor allem wichtig, die Angriffe der Bürgerlichen auf die Stellung des Zivildienstes abzuwehren. Aus ideologischen Gründen ist dieser den konservativen Kräften dieses Landes ein Dorn im Auge. Ein erster Schritt in die richtige Richtung wäre die Gleichstellung des Zivildienstes mit dem Militärdienst.
Die Vision eines freiwilligen Zivildienstes würde einen Zivildienst für Frauen und Männer frei von jedem Zwang ermöglichen. Die Initiative «Ja zur Aufhebung der Wehrpflicht» bringt uns dieser Vision einen grossen Schritt näher.