conTAKT nennt sich eine Gruppe an der Uni Basel, die sich seit 1995 für Beziehungen zu Studierenden in und aus Südosteuropa einsetzt. Unter dem Titel «Kosova – was tun?» fanden im Oktober Veranstaltungen über den Krieg statt
Ein Diavortrag über den Alltag in Kosova, Gedichte eines albanischen Schriftstellers, eine Disco mit albanischem Hip Hop und eine Diskussionsrunde über Kosova-AlbanerInnen in der Schweiz gehörten ins Programm. Eröffnet wurde die Veranstaltungsreihe durch eine Podiumsdiskussion, die in ihrer Anlage und in ihrem Verlauf die Problematik solcher Anlässe aufzeigt.
Das Gesicht der Nato gerettet
«Wir können nicht mehr ruhig sein. Der Krieg in Kosova und seine Hintergründe» stand als Titel über der Eröffnung am 22. Oktober in der Basler Kulturkaserne. Eingeladen, die Hintergründe dieses Krieges zu diskutieren, waren Donika Gervalla, Sprecherin und Aktivistin der kosovarischen Mehrheitspartei LDK, Sami Kurteshi, Menschenrechtsaktivist, Nena Skopljanac, Medienhilfe Ex-Jugoslawien Zürich, Andreas Zumach, Journalist und Korrespondent aus Genf, und Konrad Cleving, Osteuropa-Historiker aus München. Gegen 200 Leute folgten der Einladung und Aufforderung, sich mit diesem Krieg auseinanderzusetzen.
Der Fernsehjournalist Edi Strub eröffnete die Diskussion mit einer Frage über die Bedeutung des Abkommens, das der US-Diplomat Richard Holbrooke dem jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic unter Kriegsandrohung abgetrotzt hatte. «Wir sind nicht in der Phase, in der wir von Verhandlungen sprechen können», meinte die LDK-Vertreterin Gervalla. Das Abkommen sei geheim, hinter dem Rücken der Bevölkerung im Kosova erarbeitet worden und noch immer sei nicht offengelegt, was darin eigentlich wirklich vorgesehen ist. Eigentlich könne man mit Milosevic überhaupt nicht verhandeln, aber er sei nun mal vom serbischen Volk gewählt worden; eine demokratische Alternative zu ihm sei nirgends in Sicht. Auch Sami Kurteshi betonte, das serbische Regime kontrolliere die Gesellschaft: «Der serbische Mensch ist mit mehreren Ketten gebunden.»
Andreas Zumach und Konrad Cleving gingen mit dem Abkommen noch härter ins Gericht: «Es ging in diesem Abkommen nie um die Lösung des Kosovo-Konflikts, sondern um die Wahrung des Gesichts der Nato.» Aber wenigstens seien die offenen Kriegshandlungen zurückgegangen und es gebe wieder eine Chance für die Menschen, den Winter zu überleben. Nena Skopljanac betonte, die Geheimhaltung des Abkommens diene vor allem Milosevic. Das Zustandekommen eines Abkommens müsse aber auch als Chance wahrgenommen und genutzt werden, um endlich wirkliche Verhandlungsteams auf beiden Seiten zusammenzustellen.
Loslösung als einzige Lösung?
In der Analyse der serbischen Gesellschaft lag denn einer der grossen Streitpunkte des Abends: Nena Skopljanac zeigte die Vielfalt der gesellschaftlichen Bewegungen und Interessen und die vorhandenen dissidenten Kräfte. Gerade die brutale Repression gegen unabhängige Medien beweise, dass diese ein Machtfaktor und eine Gefahr für Milosevic geworden seien.
Auch Andreas Zumach erklärte, dass diese Opposition von der westlichen Politik verraten worden sei. «Solange Milosevic in Jugoslawien und Tudjman in Kroatien an der Macht sind, wird es keine wirkliche Lösung und keinen echten Frieden geben.» Trotzdem setze die westliche Politik immer noch auf diese beiden Machthaber. Zumach hinterfragte aus dieser Feststellung auch den Wahlboykott der Kosovo-AlbanerInnen: Hätten sie nicht besser die Opposition gewählt, um wenigstens Milosevic loszuwerden?
Sami Kurteshi und Donika Gervalla hingegen wollten von oppositionellen Kräften in Serbien nichts wissen: Alle Serben seien nationalistisch, bis auf einige wenige Individuen. «Serbien ist zur Demokratie noch nicht bereit», meinte etwa Gervalla. Es gebe keine serbische Opposition, mit der zusammen der Kosovo-Konflikt gelöst werden könne. Die einzige Lösung sei die Unabhängigkeit des Kosovo.
Polarisiert statt differenziert
Die Zusammensetzung des Podiums machte eine Diskussion der eigentlichen Fragestellung «der Krieg und seine Hintergründe» unmöglich. Während auf der Seite der AlbanerInnen zwei ethno-nationalistisch argumentierende PolitikerInnen sassen, gab es dazu (leider?) kein serbisches Gegenstück. Nena Skopljanac, Andreas Zumach und Konrad Cleving versuchten, bei aller Übereinstimmung mit Donika Gervalla und Sami Kurteshi in einzelnen Fragen, zu analysieren und zu differenzieren, wo die VertreterInnen des Kosova pauschalisierten und polarisierten. Politische Differenzen unter den Kosova-Albanern gehörten dabei ebensowenig in ihre Diskussionsbeiträge wie ein differenzierter Umgang mit den anderen DiskussionsteilnehmerInnen. Gervalla und Kurteshi erhielten überall dort Applaus aus dem zahlenmässig gut vertretenen albanischen Publikum, wo sie am polemischsten und undifferenziertesten waren. Gervalla und Kurteshi schienen gekommen, um ihre Schwarz-Weiss-Botschaft den schon Wissenden zu predigen. Kein Zufall waren denn auch aggressive Zwischenrufe wie: «Die Serben verstehen nur die Sprache der Gewehre.»