Wenn du den Frieden willst, bereite den Frieden vor

Die Initiative «Ja zur Aufhebung der Wehrpflicht» sieht vor, dass in der Bundesverfassung festgeschrieben wird: «Die Schweiz hat einen freiwilligen Zivildienst». Einige Gedanken dazu, wie ein solcher freiwilliger Zivildienst aussehen könnte.

Nationalrat Balthasar Glättli antwortete in der Wehrpflichtdebatte im Nationalrat auf die Frage, ob überhaupt jemand freiwillig Zivildienst macht: «Die Schweiz ist eine Armee, sie ist eine Milizarmee, sie ist eine Armee von Menschen, die sich in ihrer Freizeit für unser gemeinsames Wohl einsetzen. 2,4 Millionen Menschen setzen sich Woche für Woche freiwillig für unsere Gemeinschaft ein. Das ist es, was ich wahre Miliz nenne! Das ist es, was ich Dienst an der Gemeinschaft nenne! Das ist es, was wirklich freiwilliges Engagement bedeutet!»

Care statt Wehr!
Damit spricht er mir aus dem Herzen. Viele junge Menschen engagieren sich täglich im Fussballklub, im Judoklub, in der Jungwacht und in zahllosen weiteren Vereinen. Doch nicht nur solches Engagement sollte in der Schweiz mehr Beachtung finden. Längst rufen nicht nur Feministinnen dazu auf, der Care-Ökonomie mehr Beachtung zukommen zu lassen. Schliesslich ist das Arbeitsvolumen, das Frauen in Bereichen wie der Erziehung, der Betreuung und der Pflege leisten, grösser als das Gesamtvolumen der geleisteten Erwerbsarbeit (siehe dazu das Diskussionspapier des WIDE Debattierclubs). Doch gerade Frauen dürfen in der Schweiz keinen Zivildienst leisten.

Ein Blick nach Deutschland
Mit der Aufhebung der Wehrpflicht in Deutschland wurde gleichzeitig der Bundesfreiwilligendienst eingeführt. Was bei uns nicht gehen soll, macht in Deutschland Schlagzeilen. So titelte die Frankfurter Rundschau letzten November «Bundesfreiwilligendienst ist gefragt». Der Artikel stellt fest, dass die durch den Wegfall des Zivildienstes im Sommer 2011 entstandene Lücke vollständig ausgefüllt werden konnte.
Was aber besser sein könnte, ist der Verdienst im Bundesfreiwilligendienst. Freiwillige kritisieren, dass die Entlöhnung schlecht ist. Die Sozialdemokraten in Deutschland fordern seit der Einführung, dass die Freiwilligen gleichviel verdienen sollen wie Soldaten. Sie bekommen für ihre Arbeit zurzeit nur ein Taschengeld von maximal 330 Euro pro Monat, während Soldaten einen Sold von 1000 Euro pro Monat erhalten. In der Schweiz ist immerhin der gleiche Lohn für Zivildienstleistende und Soldaten via Erwerbsersatz (EO) bereits Tatsache.

Die Menschen zu ihrem Glück zwingen?
In der Schweiz machte erst kürzlich die Idee von Avenir Suisse für eine Allgemeine Dienstpflicht Furore. Nicht neu ist der Diskurs, dass die Jugend faul sei. Kann da ein allgemeiner Zwangsdienst die Antwort sein? Mir gefällt der Gedanke auch, dass jede und jeder etwas für unsere Gesellschaft macht. Doch welcher Weg führt zu einer solidarischen Gesellschaft? Die Zahlen zeigen, dass es bereits jetzt unzählige Menschen gibt, die tagtäglich freiwillige Arbeit leisten, unbezahlt und ohne staatlichen Zwang. Etwas für die Gesellschaft machen heisst, dem Nachbarn zu helfen den Wäschekorb raufzutragen oder der Arbeitskollegin den Briefkasten zu leeren und die Blumen zu giessen, wenn sie in den Ferien ist. Solche Arbeit, die im Kleinen verrichtet wird, hält uns zusammen. Wenden wir uns ab vom Gesellschaftsbild, das uns über Staat und Nation definiert! Fragen wir uns, wie wir die gegenseitige Hilfe stärken können, die heute tagtäglich im Privaten, in der Nachbarschaft oder in der Gemeinde geschieht. Ein freiwilliger Zivildienst ist ein Schritt in diese Richtung.

, ,