Wo bleibt der Aufschrei?

Putin marschierte in der Ukraine ein. Die Rüstungslobby zeigt sich zwar betroffen, sieht aber ihre Chance gekommen, um noch mehr Mittel in Rüstungsgüter zu investieren.

Nach dem Einmarsch Russlands verging kein Tag und die Rüstungslobby forderte laut­stark, dass der Schweizer Armee nun «endlich» mehr Mittel zugesprochen werden müssten. Bewusst wird versucht, die Verunsicherung in weiten Teilen der Bevölkerung auszunutzen und das Gefühl zu vermitteln, dass wir ohne Zusatzinvestition in die Armee den Tyrannen dieser Welt schutzlos ausgeliefert seien. Jenen, die sich immer gegen den Krieg und für zivile Friedenspolitik eingesetzt haben, wird nun «Naivität» vorgeworfen. Es sei nun an der Zeit endlich die «Augen zu öffnen». Tatsächlich kann nicht wegdiskutiert werden, dass Herrscher vom Typus Putin brandgefährlich sind. Der Widerspruch in der Argumentation der Rüstungslobby ergibt sich aber aus dem Fakt, dass sie selbst aktiv beteiligt sind, die Tyrannen dieser Welt zu noch gefährlichen Monstern zu machen. Sie sind es, die alles dafür tun, dass die Schweiz nach wie vor Rüstungsgüter in die ganze Welt exportiert. Sie setzen sich für möglichst lasche Rüstungsexportgesetze ein. Sie sind es, die somit mithelfen, die Welt, Euro­pa und die Schweiz unsicherer zu machen. Die Folgen zeigen sich exemplarisch im Ukraine-Konflikt: Wenig überraschend steht nämlich auch Russland auf der Empfängerliste von Waffen «made in Switzerland». Zwischen dem Jahr 2000 und 2021 wurde Kriegsmaterial von über drei Millionen Franken an Russland geliefert. Waffen, die heute möglicherweise eingesetzt werden, um ukrainische Frauen, Kinder und Männer zu töten. Waffen, die helfen, Putin zu dem Monster zu machen, das er heute ist. Es ist somit scheinheilig, wenn die Rüstungslobby nun versucht, sich als «Beschützerin» vor die Bevölkerung zu stellen.

Im Bett mit Putin

Störend ist es, dass der Aufschrei über die Waffenlieferungen an Russland in der Öffentlichkeit weitgehend ausbleibt. Wo bleibt die Entrüstung? Wo bleibt die Anklage? Die Flüchtenden, die nun bei uns in der Schweiz unterkommen, dürften dankbar sein, dass sie nun in Sicherheit sind. Ihnen steht aber auch ein gehörige Portion Wut zu. Wut darüber, dass sie in einem Land befinden, welches sich gegen aussen gerne so furchtbar humanitär gibt, es dabei aber nicht unterlässt, aus reiner Profitgier mit Putin ins Bett zu steigen.