1992, bei der Beschaffung der 34 F/A-18, verzichtete die Schweizer Luftwaffe darauf, «bomberfähige» Kampfflugzeuge zu kaufen. Die neuen Kampffjets sollen nun wieder für die Bekämpfung von Erdzielen taugen. Wieso?
Eine Analyse der sicherheitsstrategischen Papiere der Luftwaffe und die Aussagen von hohen Militärs lassen nichts Gutes erahnen.
Die F/A-18 wurde ursprünglich für den Luftund den Erdkampf entwickelt. Bei der Beschaffung verzichtete die Schweizer Armee aber explizit darauf, die Flugzeuge für den Erdkampf auszurüsten. In der Botschaft zur Beschaffung der neuen Kampfflugzeuge hiess es: «In unserer Flugwaffe werden die Flugzeuge ausschliesslich zur Luftverteidigung eingesetzt. » Viel wahrscheinlicher als ein grosser kontinentaler Konflikt sei, dass die Schweiz von nuklear bewaffneten Kampfflugzeugen angegriffen werde, «Systeme also,welche durch einen modernen Abfangjäger erfolgreich bekämpft werden können.» Dafür brauchte die Schweiz keine «bomberfähigen» Kampfjets.
«Basisdoktrin»
Nur wenige Jahre später sieht alles ganz anders aus. In der seit Ende 2001 gültigen «Basisdoktrin» (seine Abkupferung in inhaltlicher und terminologischer Hinsicht des US-amerikanischen Pendants) beklagt die Schweizer Luftwaffe, dass die Fähigkeit zur Bekämpfung von Erdzielen verloren gegangen sei. «In diesem Bereich soll über entsprechende Investition das verlorengegangene Leistungsvermögen zurückgewonnen werden.» Das zentrale Szenario, welches die Wiedererlangung der Erdkampffähigkeit legitimiert, umschreibt die Luftwaffe in ihrer Doktrin wie folgt: Mit «präzise ausgerichteten Angriffen auf die Zentren der gegnerischen Kraftentfaltung» können «Landoperationen des Gegners» bekämpft und die «gegnerische Luftmacht auf ihren Basen und in ihren Fliegerabwehrstellungen angegriffen werden».
Auch der ehemalige Kommandant der Schweizer Luftwaffe, Walter Knutti, forderte im April 2006 erdkampffähige Kampfflugzeuge. Doch von welcher Bedrohungssituation gehen solche Szenarien aus? Aus der Luftwaffendoktrin ergeben sich zwei konkrete Einsatzszenarien, welche die Erdkampffähigkeit von neuen Kampfflugzeugen bedingen würden: Erstens: Die Schweiz wird von einem feindlichen Land bedroht. Die Schweizer Luftwaffe führt einen gezielten Präventivschlag auf Stellungen des Gegners durch, um den Angriff auf die Schweiz zu verhindern. Zweitens: Die Schweiz beteiligt sich an militärischen Auslandeinsätzen. Die Schweizer Luftwaffe beschiesst Stellungen des betreffenden Landes, um den Einsatz von Bodentruppen zu ermöglichen.
Schweizer Kampfbomber für den Krieg in Afghanistan?
Das erste Einsatzszenario entbehrt nicht bloss den realen sicherheitspolitischen Verhältnissen, sondern würde auch einen eigentlichen Strategiewechsel beikommen. Im traditionellen Verständnis von Landesverteidigung gibt es keine Offensivschläge, auch nicht in Zeiten der Bedrohung. Das zweite Szenario scheint indessen realistischer. Der ehemalige Chef Luftwaffendoktrin, Michael Grünenfelder, schrieb im Oktober 2003 in einem Beitrag der von der Luftwaffe herausgegebenen «Air Power Revue», eine neue Staffel Kampfflugzeuge sei im Hinblick auf eine «robuste Friedensunterstützungsmission» nötig.Was das bedeuten kann, ist offensichtlich: Die Militärs wollen sich künftig an Kriegen wie jenen gegen Afghanistan und dem Irak beteiligen. Damit ist klar: Sollte die Beschaffung tatsächlich zu Stande kommen, würde damit die Militarisierung der Schweizer Aussenpolitik weiter vorangetrieben.
Ende Mai dieses Jahres liess Verteidigungsminister Samuel Schmid über die Sonntagszeitung dann verkünden, dass die Erdkampffähigkeit bei der Evaluation der neuen Kampfjets bloss noch ein «nachgelagertes Kriterium» sei. Das bedeutet: Die Bomberfähigkeit bleibt ein Kriterium. «Nachgelagert» heisst in diesem Zusammenhang vor allem eines: Man will die Bomber, aber man will nicht darüber reden.