Freudige Nachricht: Die Schweiz schmeisst weniger Geld für das Militär zum Fenster raus. Aber wieviel kostet die Armee nun wirklich? Ein Spaziergang durch den Zahlendschungel
Die Kuh ist treu. Bei der Abstimmung zu unserer letzten Initiative im Jahre 1989 warb Flora, hingefläzt auf eine Karte der Schweiz, einen Helm auf dem Kopf und einen Tausenderschein im Maul, für unsere Initiative. Sie stand (bzw. lag) für die Heilige Kuh Armee, die sinnlos Geld verschlingt. Rund 11 Milliarden Franken kostete die Schweizer Armee Bund, Kantone, Gemeinden und Private, Wirtschaftsunternehmen und SteuerzahlerInnen damals jährlich, fast zwei Tausender pro EinwohnerIn und Jahr. Unterdessen ist die Heilige Kuh geschlachtet, ihres Heiligenscheins entblösst. Viele haben gehofft, Floras Nachfolger KuhNo würde von alleine immer kleiner werden, abspecken bis zum vollständigen Verschwinden. Aber bisher hat er erst ein bisschen Luft abgelassen und ist nur wenig geschrumpft.
Gut verkauft ist halb gespart
Das Departement Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) stellt sich als Musterschülerin in Sachen Sparen dar: Eine Grafik auf der VBS-Internetseite zeigt, wie sämtliche Bundesausgaben zwischen 1990 und 1997 zugenommen haben – im Durchschnitt um 54 Prozent – ausser eben den Ausgaben für die Landesverteidigung, welche nominell (ohne Berücksichtigung der Teuerung) um ein Prozent gesunken sind und bis ins Jahr 2000 um acht Prozent gesunken sein sollen.
Dramatischer tönt es bei der «Arbeitsgemeinschaft für eine wirksame und friedenssichernde Milizarmee» (AWM), einem Zusammenschluss von Militärvereinen und rechtsbürgerlichen Gruppen, der sich gegen die «überrissene» Sparübung zu Lasten der Landesverteidigung wehrt: «Mit dem ‹Stabilisierungsprogramm 98› will der Bundesrat eine erneute Reduktion der Militärausgaben erzwingen. Dann wäre der Realwert der Militärausgaben zwischen 1990 und 2001 um 37 Prozent, der der Rüstungsausgaben gar um 49 Prozent gesenkt.»
Im internationalen Vergleich sind die Ausgaben des Bundes für Verteidigung laut AWM ganz bescheiden: Gibt die Schweiz 1,6 Prozent des Bruttoinlandproduktes (BIP) für Landesverteidigung aus, sind es in Deutschland 1,7%, in Schweden 2,4%, in Grossbritannien und Frankreich 3,1%. Nur gerade Österreich gibt weniger aus: 0,85% des BIP.
Hinkende Vergleiche
So weit, so gut. Nur: Auch Zahlen sind relativ. Es kommt immer darauf an, was womit verglichen wird.
Erstens: Die Schweiz hat ein hohes BIP pro EinwohnerIn. Pro Kopf hält sich die Schweiz nach wie vor eine der teuersten Armeen weltweit.
Zweitens: In der Schweiz machen die Bundesausgaben nur einen Teil der Verteidigungsausgaben aus. Konkret: 1995 gab der Bund für Landesverteidigung 5,58 Milliarden Franken aus. Kantone und Gemeinden wendeten weitere 800 Millionen auf. Die indirekten Kosten werden auf zusätzliche rund vier Milliarden pro Jahr gerechnet (Quelle: J.-J. Langendorf, Armee 2001, Genf 1995. Nicht berücksichtigt sind dabei Umweltschäden und unentschädigte Freizeitausfälle).
Drittens: Der AWM-Vergleich hinkt: 1990 war ein Spitzenjahr. Die Bundesausgaben für Landesverteidigung nahmen von 1990 bis 1997 real (teuerungsbereinigte Beträge) tatsächlich um 19% ab. Nimmt man als Ausgangsjahr 1987, so beträgt die Abnahme noch 12,5%. Und für die MathematiklehrerInnen unter den LeserInnen, welche gerade den Dreisatz durchnehmen, ein paar weitere Zahlen: 1970 betrugen die Militärausgaben des Bundes 2,05 Milliarden Franken, 1980 3,62 und 1990 6,05 Milliarden. Real betrug die Zunahme von 1970 bis 1990 27%. Weil allerdings gleichzeitig die anderen Bundesausgaben massiv zunahmen, ging der Anteil der Militär- an den gesamten Bundesausgaben von 25,8% im Jahr 1970 auf 19,1% (1990) und heute 12,7% zurück.
Umstritten ist, wie die indirekten Kosten berücksichtigt werden sollen. Die AWM ist der Meinung, diese würden durch indirekte Nutzen wettgemacht: «… ihnen [den indirekten Kosten] steht, soweit die Armee effektiv den Sinn für Disziplin – im Sinn von Augustinus [sic!] – fördert, ein staatspolitisch wichtiges Gemeinschaftsgefühl vermittelt und die Führungsfähigkeit der Kaderangehörigen spürbar stärkt, ein echter Gegenwert gegenüber.»
Friede ist bezahlbar
All diese Vergleicherei freilich ist müssig: Wenn etwas, das horrend teuer ist, etwas weniger kostet, ist es deswegen noch lange nicht günstig – und schon gar nicht sinnvoll. Kann denn wirklich als sparsam gelten, wer jede Sekunde 310 Franken zum Fenster hinauswirft?
Wir wollen lieber einige andere Vergleiche anstellen:
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Es gibt heute in der Schweiz 28’000 armeeabhängige Arbeitsplätze. Fast gleich viele, nämlich 24’000, erhoffte sich der Bundesrat aus dem Investitionsprogramm zu Gunsten der Bauwirtschaft zu schaffen – für gerade mal 561 Millionen.
Pro Kopf hält sich die Schweiz nach wie vor eine der teuersten Armeen. Real gibt sie heute für die Landesverteidigung mehr Geld aus als 1970.
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Die Bundesausgaben für internationale Friedensförderung betragen 1998 1,5 Milliarden Franken – fast viermal weniger als die Militärausgaben. Dabei wird die gesamte humanitäre Hilfe, die Entwicklungszusammenarbeit, Menschenrechtspolitik, Entschuldung und Umweltpolitik sowie die kulturelle Zusammenarbeit des Bundes als Friedensförderung mitgerechnet!
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Um nicht zu behaupten, nur die Schweiz gebe zuviel für das Militär aus: Weltweit werden pro Jahr 800 Milliarden US-Dollar für «Verteidigung» ausgegeben, aber nur 40 Milliarden für soziale Grundversorgung.
Machen wir den Schritt in die richtige Richtung! Die Armee kostet etwas weniger als auch schon, doch sie ist weit davon entfernt, günstig zu werden. Unser Vorschlag ist bekannt: 0,00 Franken für Militärisches, dafür ein staatlich finanzierter Ziviler Friedensdienst, der nie annähernd soviel kosten, dafür sehr viel mehr nützen wird als die Armee.
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