Werkzeugmaschinen und Technologieexporte sind die Basis einer Rüstungsindustrie. Autoritären Regimen die Werkzeuge für ihre eigene Rüstung in die Hand zu geben, war noch nie eine gute Idee.
Auf Bildern von im Donbass abgeschossenen Orlan-10-Drohnen aus russischer Produktion tauchen Bestandteile aus Schweizer Produktion auf. Dabei handelt es sich um standardisierte Elektronik-Komponenten aus dem Elektrogrosshandel (GPS-Receiver). Wie gross die Anzahl der gelieferten Komponenten ist, bleibt unklar, oft wurden sie via Zwischenhändler in anderen europäischen Staaten beschafft. Für solche Komponenten gibt es gar kein Kontrollregime, sie sind nicht einmal als dual-use-Güter klassifiziert. Doch solche Funde bilden nur die Spitze des Eisberges.
Einen Deal für besondere militärische Güter über 90 Millionen Franken machte 2014 Schlagzeilen. Gewebe mit «signaturreduzierenden» Eigenschaften wurde nach Russland exportiert, es handelt sich um Material, das für die Tarnung von Soldaten oder Panzern verwendet werden kann. Die genaue Verwendung bleibt bis heute leider unklar. Die in Zug ansässige Firma SSZ Camouflage Technology AG ist der in der Schweiz führende Anbieter solcher Materialien.
Werkzeugmaschinen aus dem Zürcher Oberland
Ein unscheinbares Industriegebiet im Kanton Zürich beherbergt die Firma Galika in Volketswil. Die Firma ist in einen langen Rechtsstreit mit dem Seco über Bewilligungen für den Export von Werkzeugmaschinen nach Russland verwickelt. Nachdem das Seco über Jahre hinweg Gesuche der Firma bewilligt hatte, verweigerte es 2020 eine Bewilligung für den Export einer Fräs- und einer Langdrehmaschine nach Russland. Der NDB verdächtigt die Firma der Umgehungsgeschäfte. Die Lieferung von Werkzeugmaschinen erfolgte an eine zivile Tarnadresse, die jedoch eigentlich zu einem führenden russischen Rüstungskonzern gehört. Vermutet wurde, dass die Werkzeugmaschinen für die Produktion von Komponenten für die neueste Generation russischer Kampfjets verwendet werden.
Die Firma legte Rekurs gegen die Entscheide ein und bekam teilweise Recht. Das Verfahren läuft weiter. Immerhin sind wohl mit den aktuellen Sanktions-Verordnungen weitere solche Exporte unterbunden. Doch es war nicht das erste Geschäft von Galika mit Russland, das sich bei genauerem Hinsehen als problematisch erwies. Auch die Exportrisikoversicherung des Bundes, die SERV, macht dabei nicht immer die beste Figur. So deckte diese ein Geschäft der Zürcher Firma Galika auf, deren Werkzeugmaschinen via Russland nach Venezuela gingen, zur dortigen Produktion von Kalaschnikows.
Ob auch Schweizer Werkzeugmaschinen für die Produktion von Kleinwaffen in Russland selber eingesetzt werden, ist unklar. 2013 berichtete die zu einem russischen Rüstungskonglomerat gehörende Firma Oboronprom jedenfalls, dass sie in Zusammenarbeit mit Schweizer Firmen Werkzeugmaschinen in Russland zu produzieren begonnen habe. Unter den dabei genannten Schweizer Partnerfirmen war natürlich auch wieder die Galika AG.
Eigentlich das grösste Übel
Exporte von Werkzeugmaschinen und Technologieexporte sind meist sogar grundlegender und nachhaltiger problematisch als die Exporte ganzer Waffen. Denn die Möglichkeit, nach einem einzigen Export mittels Werkzeugmaschinen neue Rüstungsgüter ohne Beschränkung selber herstellen zu können, ist nochmals gefährlicher als «nur» eine einmalige Waffenlieferung. Doch gerade diese Exporte sind schlechter kontrolliert als Kriegsmaterialexporte. Werkzeugmaschinen gelten oft nur als dual-use Güter, nicht einmal als besondere militärische Güter. Auch für Technologieexporte gelten nur die gleichen Bedingungen wie für Endprodukte der entsprechenden Güterkategorie. Hier besteht definitiv Handelsbedarf, nicht nur in Bezug auf Russland, sondern auch auf andere autokratische Staaten wie beispielsweise China.