Die Schweiz benötige eine Rüstungsindustrie, damit sie sich im Kriegsfall wehren könne. Das meinen die Gegner der Kriegsmaterial-Initiative. Wir meinen: Ein eindeutiger Fall von Realitätsverlust.
Am selben Tag, an dem die Vollversammlung der GSoA beschloss, die Kriegsmaterial-Initiative zu lancieren, verschickte die «Arbeitsgemeinschaft für eine wirksame und friedenssichernde Milizarmee (AVM)» ein Pressecommuniqué. Darin warf sie der GSoA vor, mit der Initiative das Volk hinters Licht führen zu wollen. Es gehe uns nicht um die Rüstungsindustrie, sondern wir würden versuchen, die Wehrkraft der Schweizer Armee zu zersetzen. Denn ohne leistungsfähige Rüstungsindustrie könne sich die Schweiz im Kriegsfall nicht verteidigen, so die AVM. Ganz abgesehen davon, dass die AVM als Marionettenorganisation der Rüstungslobby (siehe Artikel «PR für Waffen») sowieso völlig unglaubwürdig ist: Diese Argumentation ist absurd.
Im Kalten Krieg stecken geblieben
Die Einsicht, dass die Gefahr eines militärischen Angriffes auf die Schweiz das unwahrscheinlichste aller denkbaren Bedrohungsszenarien ist, hat sich mittlerweilen sogar in der Armeespitze durchgesetzt. Gehen wir dennoch für einen kurzen Augenblick von der Annahme aus, die Schweiz müsste sich in einem Krieg selbst verteidigen. Auch in diesem Fall würde die inländische Waffenproduktion nichts nützen. Die einheimische Industrie besitzt nur noch in einigen wenigen Nischen hinreichendes Know-How. Entscheidende Waffensysteme wie Kampfflugzeuge, Luftabwehrraketen, Kampfpanzer, ja selbst Lastwagen müssen aus dem Ausland beschafft werden. Auch wenn das den geistig im Kalten Krieg stecken gebliebenen Landesverteidigern nicht gefällt: Die Schweizer Armee ist schon heute völlig von Lieferungen aus dem Ausland abhängig, mit oder ohne Rüstungsindustrie. Alles andere ist eine Illusion.
Selbst das VBS stellte in seinem Bericht «Durchhaltefähigkeit und Aufwuchs» fest: «Die schweizerische Industrie ist heute nicht mehr in der Lage, das erforderliche Spektrum an Waffen und Munition zu produzieren. Die Schweiz müsste dieses Material [im Falle einer militärischen Bedrohung] deshalb im Ausland beschaffen.»
Es geht um etwas anderes
Wenn die GSoA die Armee schwächen wollte, wäre ein Waffenexportverbot also ein gänzlich ungeeigneter Hebel. Würden wir einen weiteren Anlauf zur Abschaffung der Armee starten wollen, dann täten wir dies mit einer Armeeabschaffungs-Initiative. Bei der Waffenexport-Initiative geht es jedoch nicht um die Armee. Es geht um die Beteiligung der Schweiz an weltweiten Konflikten. Es geht darum, ob der Schweizer Beitrag an die internationale Gemeinschaft aus Waffen bestehen soll. Es geht darum, ob wir den Gewinn einiger Rüstungsindustrieller höher werten als das Leben der Menschen, welche durch Schweizer Waffen getötet werden.