Ein Konflikt bleibt selten allein

Putin hat russische Truppen, die den Waffenstillstand in Armenien und Aserbaidschan gesichert haben, in die Ukraine geschickt. Dass danach der Konflikt dort wieder stärker hochschwelt ist nicht überraschend. Dabei darf nicht vergessen werden, dass Russland über die Jahre entscheidend zur Verschärfung des Konflikts beigetragen hat. Aber auch die Schweiz hat an beide Konfliktparteien in jüngerer Vergangenheit militärische Güter für Millionen von Franken verkauft.

Um das Gebiet um Berg-Karabach wurde schon gekämpft, bevor es Teil der Sowjetunion wurde. Die Sowjetunion hat dann den Konflikt einige Jahrzehnte lediglich unterdrückt und als die Sowjetunion zu zerbröckeln begann, eskalierte der Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan sofort wieder. Nach einem sechsjährigen Krieg und Kriegsverbrechen von allen Seiten wurde 1994 ein Waffenstillstand geschlossen, der zwar immer wieder gebrochen wurde, aber mehr oder weniger bis 2020 gehalten hat. In den 2010er-Jahren haben beide Länder massiv aufgerüstet und im grossen Stil im Ausland Waffen eingekauft, obwohl die OSZE davon abgeraten hatte, diesen Ländern Kriegsmaterial zu verkaufen. Armenien hat in dieser Zeit praktisch alle seine wichtigsten Waffensysteme aus Russland gekauft, zu reduzierten Preisen, aber auch für  CHF 90’700 aus der Schweiz. Aserbaidschan hat ca. 60% seiner Waffensysteme aus Russland gekauft, zu regulären Preisen. Aserbaidschan wurde ausserdem von Israel, Belarus, der Türkei und der Schweiz mit Waffen versorgt. Aus der Schweiz ging für total CHF 5’742’114 unter anderem Drohnenzubehör nach Aserbaidschan. SIPRI und das Peace Research Institute Frankfurt bestätigen beide, dass sie die durch diese Waffenlieferungen ermöglichte Aufrüstung für einen Faktor im erneuten Ausbruch des Krieges im Jahr 2020 halten.

Nach sechs Wochen Krieg  wurde ein Waffenstillstandsabkommen von allen Parteien und von Putin unterzeichnet. Zum Ausgang sollen vor allem auch Drohnen stark beigetragen haben – teilweise wohl Swiss Made. Laut dem Waffenstillstandsabkommen sollte der Waffenstillstand von 2000 russischen Soldaten gesichert werden, die bis mindestens 2025 bleiben sollten. Der Waffenstillstand wurde vor allem dort wo keine russischen Soldaten stationiert waren wiederholt gebrochen1, dabei kamen aber im Verhältnis zu den sechs Wochen Krieg sehr wenige Menschen um. Bereits wenige Wochen nach Beginn von Putins Angriffskrieg in der Ukraine Mitte März zog Putin Berichten zufolge 800 Soldaten aus Berg-Karabach ab (2, 3) und ersetzte sie bis zur Eskalation am 13. September 2022 nicht. Glücklicherweise blieb es bei einem kurzen Scharmützel von zwei Tagen, bevor die beiden Länder eine erneute Waffenruhe verkündeten. Den Preis zahlten Zivilisten und niedere Soldaten: Obwohl die zweitägigen Kampfhandlungen am 13. September nur eine Fussnote im Gesamtkonflikt darstellen, kosteten sie mehr als 150 Menschen das Leben. Bleiben wird es dabei wohl kaum.

1: SIPRI Jahrbuch 2022, Seite 140