Burma: Der vergessene Bürgerkrieg

Die Benzin-Preiserhöhung im Sommer 2007 brachte das Fass zum Überlaufen: Aufstand in Burma, angeführt von politischen Aktivisten und Mönchen. Tausende gehen auf die Strasse und demonstrieren friedlich, doch die Militärs greifen mit brutaler Härte durch.

 

Von Irene Marty*

Die Burmesen bilden die Mehrheit im mit Bodenschätzen reich beschenkten Vielvölkerstaat. Edelsteine, Edelholz, Edelmetalle, Erdöl und Erdgas bilden den natürlichen Reichtum des Landes. 1962 putschten sich die Militärs in Burma an die Macht. In nur zwei Jahrzehnten haben sie das Land wirtschaftlich ruiniert. Im Sommer 1988 demonstrierten deshalb Hunderttausende und forderten den Rücktritt von General Ne Win und seinem Regime. Doch der Aufstand wurde blutig niedergeschlagen und in der Folgezeit änderten sich lediglich die Namen an der Machtspitze des Landes. Seit 1992 hält General Than Shwe das Land im eisernen Griff. Wer Fragen stellt oder gar Kritik am Regime übt, wird verfolgt, inhaftiert und abgeurteilt. Ohne das Recht auf einen Anwalt. Auch einfache Zivilisten und Angehörige von ethnischen Minderheiten werden unterdrückt, verfolgt, zwangsumgesiedelt, enteignet, zu Zwangsarbeit missbraucht, misshandelt und umgebracht.

Fortsetzung des Aufstandes von 1988

Der Aufstand des Spätsommers 2007 ist keine Wiederholung des Volksaufstandes von 1988, sondern vielmehr seine Fortsetzung. Denn die Stimmen von 1988 sind nie verstummt. Trotz Hausarrest bietet Aung San Suu Kyi, die Tochter von Nationalheld Aung San, der Burma in die Unabhängigkeit führte, den Diktatoren noch immer die Stirn. Sie und ihre Nationale Liga für Demokratie (NLD) gewannen die freien Wahlen von 1990 mit überwältigender Mehrheit (82%). Doch die Wahlen wurden kurzerhand für ungültig erklärt.

Die Gräueltaten der Militärdiktatoren stehen seit 1992 auf der Traktandenliste der UN-Menschenrechtskommission resp. des Menschenrechtsrates. Auf diplomatischer Ebene wird nach Lösungen gesucht. Doch im «Land der Tausend Pagoden» hat sich bislang nichts geändert. Der Bürgerkrieg dauert an und hat in den letzten Tagen dramatische Ausmasse angenommen. Buddhistische Klöster sind mit Drähten umzäunt. Ihre Mönche, die Sangha, bleiben inhaftiert. Sie werden zu hohen Gefängnisstrafen verurteilt oder umgebracht. Mönche und Demonstranten werden bei nächtlichen Razzien inhaftiert und gefoltert.

Medienberichten zu Folge soll sich die Situation in Burma wieder «beruhigt» haben. Doch die Ruhe ist trügerisch. Die Bevölkerung wagt sich nicht mehr auf die Strasse. Aung San Suu Kyi bleibt unter Hausarrest. Tage, Wochen, ja Monate werden verstreichen, bis die Gräueltaten der Diktatoren vom Spätsommer 2007 bekannt und offiziell bestätigt sein werden.


* Irene Marty ist die Autorin-Regisseurin des Dokumentarfilmes «Im Schatten der Pagoden – das andere Burma», der erschütternde Einblicke ins Elend von Burma bot.

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