Bürgerliche und Rüstungslobby zimmern an weiteren Schlupflöchern in der Kriegsmaterialgesetzgebung. Wir schauen hin.
Im Mai letzten Jahres ist der Gegenvorschlag der Korrekturinitiative in Kraft getreten, mit der die demokratische Kontrolle und die Bestimmungen für Waffenexporte deutlich gestärkt wurden. Knapp einen Monat später reichte Thierry Burkart (FDP) in der sicherheitspolitischen Kommission des Ständerats eine Motion ein, mit dem Ziel, ein weiteres Schlupfloch im Kriegsmaterialgesetz zu schaffen. Burkart will die Nichtwiederausfuhr-Erklärung für Länder, die «unseren Werten verpflichtet sind» und über ein «vergleichbares Exportkontrollregime» verfügen, vollständig abschaffen. Dabei geht es den Bürgerlichen und der Rüstungslobby wie so oft darum, lukrative Kriegsmaterialexporte in Länder wie Saudi-Arabien, wo ein erhöhtes Risiko für eine Verwendung im Jemen-Krieg besteht, über Drittstaaten zu erleichtern.
Diese Forderung wirkt umso widersprüchlicher, wenn man bedenkt, dass sie derzeit mit der Debatte um die Weitergabe von Schweizer Kriegsmaterial in die Ukraine begründet wird. Die Lockerung des Kriegsmaterialgesetzes wäre aufgrund des Neutralitätsrechts allerdings kein Ausweg aus dem Dilemma. Kriegsmaterial über Deutschland in die Ukraine zu liefern wäre weiterhin verboten – es sei denn, die Schweiz würde ihre Neutralität aufgeben. Mit seinem Vorstoss will Burkart die neutralitätsrechtlichen Hemmnisse umgehen, indem der Entscheid, wer Waffen aus der Schweiz erhält, an das Ausland delegiert wird. Nicht zu vergessen sind zudem die Schlupflöcher, die bereits heute existieren. In der Praxis fallen etwa die Hälfte aller Gesuche um Exportbewilligungen unter ein weitaus flexibleres System. Gemäss Art. 18 Abs. 2 des Kriegsmaterialgesetzes haben die Behörden nämlich die Möglichkeit, auf eine Nichtwiederausfuhr-Erklärung zu verzichten, wenn es sich zum Beispiel um Einzelteile oder Baugruppen von Kriegsmaterial handelt, die im Ausland in ein Produkt eingebaut werden.
Dies erwähnen Bürgerliche und Rüstungslobby mit keinem Wort. Stattdessen werfen sie mit Nebelpetarden und warnen vor der Wirtschaftsfeindlichkeit des Kriegsmaterialgesetzes, obwohl die Einnahmen durch Schweizer Rüstungsexporte erneut auf ein Rekordjahr zusteuern. Dass jedoch Kriegsmaterial ohne jegliche Transparenz an Drittstaaten weitergegeben werden kann, was weder die Bevölkerung noch das Parlament befürwortet, werden wir nicht zulassen.