Vom 2. bis zum 27. Juli wird die Staatengemeinschaft über den Arms Trade Treaty diskutieren, der den internationalen Handel mit Kriegsmaterial regulieren soll. Die Gefahr ist gross, dass der Vertrag zu mehr statt zu weniger Waffendeals führen wird – auch wegen der verlogenen Haltung der Schweiz.
Seit mehreren Jahren wird in der Uno über einen multilateralen Waffenhandelsvertrag – den Arms Trade Treaty (ATT) – diskutiert. Ursprünglich trieben grosse Menschenrechtsorganisationen das Projekt voran. Jedoch deutet mittlerweile vieles darauf hin, dass die Schlussverhandlungen im Juli entweder scheitern werden, oder der Vertrag vor allem den Waffenproduzenten nützen wird.
Schlechte Erfahrung auf EU-Ebene
Bereits 2008 hat die EU bindende Regeln über den Umgang mit Waffenexporten verabschiedet, die sogenannte Common Position. Da alle Staaten die Common Position im Konsens annehmen mussten, beinhaltet sie nur den kleinsten gemeinsamen Nenner an Regeln. Sie enthält keine zwingenden Ausschlusskriterien für Exportbewilligungen und kaum Instrumente zur Kontrolle des Handels mit Kriegsmaterial. Entgegen den hohen Erwartungen bei der Inkraftsetzung der Common Position liefern die EU-Staaten deshalb weiterhin Waffen in Kriegsgebiete und an Regierungen, die schwere Menschenrechtsverletzungen begehen. Schlimmer noch: Verschiedene EU-Staaten, darunter Schweden und die Niederlande, haben ihre Waffenkontrollgesetze inzwischen abgeschwächt, um sie der Common Position anzugleichen.
Es besteht die Gefahr, dass der ATT auf globaler Ebene einen ähnlichen Effekt haben wird. Die grossen Rüstungsfirmen und ihre VertreterInnen in zahlreichen Regierungen haben unterdessen begonnen, aktiv für den Abschluss eines ATT zu lobbyieren. Allerdings soll der ATT ähnlich gestaltet sein wie die Common Position: Keine zwingenden Ausschlusskriterien für Exportbewilligungen und keine wirksamen Instrumente zur Kontrolle des Handels.
Vertrag nur per Konsens aller Staaten
Die Chance ist gross, dass die Rüstungsunternehmen ihre Pläne durchsetzen können. Die Verhandlungsleiter einiger westlicher Regierungen haben sich bereits deutlich ausgedrückt. Der ATT sei ein Waffen-HANDELS-Vertrag. Man gedenke nicht, an einer Abrüstungskonferenz teilzunehmen. Das Ziel sei stattdessen, Handelsbarrieren abzubauen.
Der Grund für den Optimismus der Rüstungsexporteure ist die Art und Weise, wie an der Konferenz im Juli über den Vertrag verhandelt werden soll. Die Staaten haben bei der Vorbereitung der Verhandlungen entschieden, dass der Vertrag nur dann abgeschlossen werden kann, wenn ihm alle Verhandlungsparteien im Konsens zustimmen.
Es ist offensichtlich, dass sich so kein griffiger Vertrag ausarbeiten lässt. Denn Staaten wie Weissrussland, der Iran oder die USA erhalten so in den Verhandlungen faktisch ein Vetorecht, obwohl sie aus unterschiedlichen Gründen nicht das geringste Interesse an einem wirksamen ATT haben.
Die Schweiz auf der Seite der Waffenschieber
Die Schweiz setzt sich in der Öffentlichkeit zwar für den ATT ein, hinter den Kulissen steht sie jedoch zusammen mit Staaten wie den Niederlanden oder den USA klar auf der Seite der Rüstungsindustrie. Das ist nicht erstaunlich, denn es ist nicht etwa das Aussendepartement, das die Schweiz bei den ATT-Verhandlungen vertritt, sondern das Staatssekretariat für Wirtschaft (seco). Auch in der Schweiz gebärdet sich das seco zumeist als verlängerter Arm der Waffenproduzenten.
Die Hoffnung liegt nun auf Ländern des globalen Südens, die sich entweder aus pazifistischer Überzeugung (wie Costa Rica) oder aufgrund eigener schlechter Erfahrungen mit der Verbreitung von Kleinwaffen (wie zum Beispiel Kenia) für einen wirklich griffigen ATT ausgesprochen haben. Verträge wie die Anti-Minen- und die Streubomben-Konvention haben gezeigt, dass auch kleine Staaten viel erreichen können. Allerdings wird es viel Mut brauchen, einen faulen Kompromiss zu verhindern und nötigenfalls die Diskussionen platzen zu lassen – um neue Verhandlungen ohne Vetorecht der Waffenexporteure zu beginnen.