Es ist eine Geschichte, wie sie nur die angeblich militärisch neutrale Schweiz liefern kann. Es herrscht Krieg in Europa, die Waffenexportzahlen explodieren und dennoch bettelt die Rüstungsindustrie um neue Sonderrechte. Für die GSoA ist klar: Profite mit Menschenleben bleiben unerhört.
In “Kriegszeiten” blickt man als Pazifist*in den Kriegsmaterialexportzahlen nur wenig freudig entgegen. Und siehe da: Die Schweiz hat im Jahr 2022 Waffen im Wert von 955 Millionen Franken exportiert. Oder noch schöner dargestellt: 955’000’000 CHF. Das ist Rekord.
Wer jetzt denkt, die Vertreter*innen der Rüstungskonzerne hätten nach Veröffentlichung dieser Zahlen erstmal Sendepause, der hat sich getäuscht. Die Rüstungsindustrie durfte nämlich noch vor nicht allzu langer Zeit beim Wirtschaftsminister Guy Parmelin (SVP) vorsprechen. Nach eindeutigen Quellen, die vorliegen, war diese “Aussprache” nicht weniger als eine Wehklage, wie dermassen schlecht es der Schweizer Rüstungsindustrie gehe. Man solle endlich die “Diskriminierung der Rüstungsindustrie bei Finanz- und Bildungsorganisationen bekämpfen”, denn “30 Jahre Trommelfeuer von Links haben Narrativ der wehrhaften Schweiz zerstört”(Quelle: WoZ). Ja, das ist ein Kompliment an die GSoA.
Doch klar ist: Die Aussagen sind in Anbetracht der hohen Exportzahlen von 2022 an Zynismus nicht zu überbieten. Als wären diese Klagelieder und das Vorbeten beim Bundesrat nicht genug, scheinen bürgerliche Politiker*innen der Rüstungsindustrie im Parlament jeden Wunsch erfüllen zu wollen. Der breit diskutierte Vorstoss von FDP-Ständerat Thierry Burkart, der angeblich die Wiederausfuhr von Schweizer Waffen in die Ukraine durch andere Staaten erlaubt hätte, war in der Realität einzig ein Versuch, der Rüstungsindustrie neue Rechte zu bescheren. So wäre die von der GSoA erkämpfte Verschärfung des Kriegsmaterialgesetzes (Gegenvorschlag Korrekturinitiative 2021) krass verwässert worden, was diverse fragwürdige Waffenlieferungen wieder ermöglicht hätte, ohne der Ukraine auch nur eine einzige Waffe liefern zu können. Das ist bürgerliche Friedenspolitik: Nebelpetarden für Rüstungsprofite.
Heute schon möglich!
Die GSoA selbst reagierte auf die hohen Exportzahlen mit einer kleinen Aktion. Dabei parodierte man mit Burkart, Parmelin und dem Vertreter der Rüstungsbranche Stefan Brupbacher drei Hauptakteure in diesem Drama. Dabei wurde veranschaulicht, dass die geforderten Exporte in zahlreiche Länder, die Menschenrechte mit Füssen treten, bereits heute möglich sind. Denn was gar noch nicht erwähnt wurde: Spitzenreiter unter den Abnehmern schweizerischen Kriegsmaterials ist Katar, dicht gefolgt von Saudi-Arabien. Das SECO (Staatssekretariat für Wirtschaft) hat in Folge dieser Entwicklungen übrigens ein sogenanntes Medienfrühstück einberufen. Trotz kurzzeitiger Ausladung hat sich die GSoA dort eingeschlichen. Da es aber als “off-record” Event galt, kann hier nichts geteilt werden. Eines sei aber gesagt: Das SECO arbeitet noch immer primär im Interesse der sogenannten Wirtschaft, die Menschen stehen hintenan.